Karl Nolle, MdL

Leipziger Volkszeitung LVZ/DNN, 05.05.2004

"Ines" fragt: Wo sind 21 Millionen Euro geblieben?

 
Dresden. 100 Fahnder von Polizei und Staatsanwaltschaft rückten gestern bei mehr als 30 Adressen in sechs Bundesländern an. Mit im Visier der Ermittler: das sächsische Wirtschaftsministerium. Ausgerechnet "Ines", die Antikorruptionseinheit der Dresdner Staatsanwaltschaft, war dort einem neuerlichen Betrugsfall auf der Spur, der Regierungschef Georg Milbradt (CDU) vier Monate vor der Landtagswahl alles andere als gefallen wird.

Für den Dresdner Weiterbildungsbetrieb Qualifizierung für Mikroelektronik und Fahrzeugtechnik (QMF), so der Vorwurf, waren rund 26 Millionen Euro bewilligt und bereits 21 Millionen ausgezahlt worden, obwohl damit gegen Förderbestimmungen verstoßen wurde. Beschuldigt werden nun insgesamt 16 frühere und aktive Mitarbeiter des Ministeriums, der QMF und des ehemals staatlichen "Zentrums Mikroelektronik Dresden" (ZMD). Ein früherer leitender Mitarbeiter des Ministeriums, heute 65 Jahre alt, und ein Geschäftsführer sind laut Oberstaatsanwalt Claus Bogner jetzt in Haft. Ein Verdacht der Vorteilsnahme oder Bestechung liegt aber bisher nicht vor.

Die QMF hatte meist für die ZMD und für den ehemaligen Autozulieferer Sachsenring AG gearbeitet. ZMD war Ende 1998 unter der Regie des damaligen Finanzministers Milbradt für zwei Mark an Sachsenring verkauft worden. Im selben Jahr wurde die QMF - offenbar für die Umschulung von nicht mehr benötigten Mitarbeitern - gegründet. Sie beantragte dafür Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds und dem des Landes.

Dass dabei manches nicht in Ordnung war, berichteten Mitarbeiter dem neuen Minister Martin Gillo (CDU), der im Frühjahr 2002 das Amt übernahm. Bei einer Innenrevision seien dann 15 Mitarbeiter, darunter auch Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU), angehört worden. Ein Ergebnis der internen Prüfung, die etwa 80 Fälle umfasse, soll im Sommer vorliegen. Rückforderungen des Freistaates an die QMF in Höhe von 19 Millionen Euro dürften allerdings ergebnislos bleiben. Die Firma ging Anfang dieses Jahres in die Insolvenz.
(Sven Heitkamp)