Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 05.05.2004

Millionenbetrug mit Umschulungsgeldern

 
DRESDEN - Gestern, 8.55 Uhr: Sieben Staatsanwälte und LKA-Beamte führen im Wirtschaftsministeriumeine Razzia durch. Sie beschlagnahmen Akten und Unterlagen - sind dem größten Fördermittelskandal Sachsens auf der Spur. 21 Millionen wurden veruntreut. Ein Ministeriums-Mitarbeiter und der Chef der Ausbildungsfirma „Qualifizierung für Mikroelektronik und Fahrzeugtechnik" (QMF) wurden verhaftet.

1999 und 2001 beantragte die QMF insgesamt 26 Millionen Euro aus dem Europäischen Strukturfonds beim Wirtschaftsministerium für Ausbildungsmaßnahmen bei der „Sachsenring AG" in Zwickau (SAG) und im „Zentrum für Mikroelektronik Dresden" (ZMD). Genehmigt und gezahlt wurden 21 Millionen Euro. „Über 50 Prozent wurden veruntreut", weiß WirtschaftsStaatssekretärin Andrea Fischer (CDU). „Auch durch überhöhte Honorare und Gehälter."

Pikant: Die QMF wurde extra für den Millionen-Auftrag gegründet. Der Zwickauer Ex-Bezirkssekretär der IG Metall, Helmut Stachel, war Geschäftsführer. Er saß seit Mai 2001 ausgerechnet im Aufsichtsrat der „Sachsenring AG". Frau Fischer (CDU): „Einen Zusammenhang zwischen Fördergeldern und SAG sehen wir nicht."

„15 Mitarbeiter und ehemalige Mitarbeiter wurden befragt, wie die Genehmigung überhaupt geschehen konnte. Die Förderkriterien waren nicht erfüllt", so Andrea Fischer. Selbst Ex-Minister Kajo Schommer (CDU) wurde vernommen. Seine Aussage war nicht gerade detailreich." Ob sich Mitarheiter persönlich bereichert haben,istunklar.

Der ganze Skandal ist in groben Zügen seit 2002 bekannt. „Minister Martin Gillo und ich wurden kurz nach Amtsantritt darüber informiert", so Frau Fischer. „Die Flut verzögerte aber die Aufklärung." Die Staatsanwaltschaft erfuhr, laut Sprecher Klaus Bogner, erst diesen März von dem Betrugsskandal. Bogner: „Da wir lieber selbst noch einmal nachprüfen, haben wir gestern, das Ministerium durchsucht."

Auch bundesweit wurden gestern 33 Gebäude der QMF in sechs Bundesländern durchsucht. Helmut Stachel und ein hoher Ministeriums-Beamter des Wirtschaftsministeriums wurden wegen „besonders schwerem Subventionsbetrug" verhaftet, sollen heute dem Haftrichter vorgeführt werden, so Bogner. Frau Fischer: „Die QMF ist seit Januar insolvent. Wir fordern dennoch unser gesamtes Geld zurück." Aus gutem Grund: Denn die EU wird wahrscheinlich die gezahlten Fördergelder vom Freistaat zurückverlangen.
(JU)