Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 14.05.2004

Trotz Warnung der EU-Prüfer flossen weiter Fördergelder

 
DRESDEN - Der Fördermittel-Skandal um die Dresdner Qualifizierungsfirma QMF treibt die Staatsregierung in die Enge. Gestern kam heraus: Noch elf Tage nach konkreten Hinweisen auf den Betrug überwies das Wirtschaftsministerium Millionen an die QMF. Zudem mogelte sich Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der PDS elegant um den Millionen-Betrug herum.

„Der Fall QMF sollte bewusst verschleiert werden“, sagt Heiko Hilker von der PDS. Gemeinsam mit seiner Abgeordneten-Kollegin Ingrid Mattern hatte er im März eine Kleine Anfrage an die Staatsregierung über „Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung bzw. Missbrauch von EU-Fördermitteln“ in Sachsen gestellt. Minister Gillo antwortete am 21. April - knapp zwei Wochen vor der QMF-Enthüllung. Gillo listete elf Missbrauchs-Fälle aus den letzten zwei Jahren auf. Beanstandete Summe: knapp sechs Millionen Euro, davon rund ein Drittel Landesgeld. Der Fall QMF (21 Millionen Euro) allerdings fehlte.

Stattdessen ließ Gillo formulieren: „Bei zwei Maßnahmen ... wurden Beanstandungen festgestellt. Die Beträge können jedoch erst nach der derzeit laufenden Prüfung genannt werden.“ Laut Ministerium handelt es sich dabei um QMF. „Wir haben zum Schutz der staatsanwaltlichen Ermittlungsarbeit auf eine nähere Ausführung dazu verzichtet“, hieß es gestern. Doch Hilker fühlt sich hinters Licht geführt. „Ich glaube nicht, dass der 21-Millionen-Betrag so plötzlich auftauchte. Das muss schon vorher bekannt gewesen sein.“

Mächtig peinlich ist auch eine weitere Panne: Bisher hatte Staatssekretärin Andrea Fischer (CDU) behauptet, am 23. Mai 2003 letztmals Geld an die QMF überwiesen zu haben. Nach einer gestern veröffentlichten Zahlungsliste bekam die Firma noch am 24. Juni 2003 eine Million Euro. Pikant: Bereits elf Tage zuvor hatten EU-Prüfer konkrete Unregelmäßigkeiten festgestellt und eine Vor-Ort-Kontrolle empfohlen. Für das Ministerium war das „keine ausreichende Grundlage für einen sofortigen Auszahlungsstopp.“ Erst im August 2003 drehte es den Geldhahn zu. Derzeit ermittelt der Staatsanwalt gegen 16 Beschuldigte von QMF und dem Wirtschaftsministerium.
(von Stefan Locke)