Karl Nolle, MdL
Agenturen ddp-lsc, 13:54 Uhr, 26.05.2004
Auf INES wartet Arbeit - Landtag debattiert über QMF-Affäre - Gillo spricht von weiteren «revisionsbedürftigen» Fällen
--Von ddp-Korrespondent Tino Moritz--
Dresden (ddp-lsc). Die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (INES) löst derzeit offenbar über Parteigrenzen hinweg Freude aus. Als der Landtag am Mittwoch über die QMF-Fördermittel-Affäre debattierte, zeigten sich Opposition und Regierung zumindest in Einem einig: Es sei gut, dass sich die Justiz mit dem mutmaßlichen Millionenbetrug beschäftige. Und wahrscheinlich kommen noch weitere fragliche Förderfälle hinzu: Drei Wochen nach der bundesweiten Durchsuchungsaktion der sächsischen Korruptionsfahnder und der Inhaftierung eines Ex-Abteilungsleiters des Wirtschaftsministeriums ließ Ressortchef Martin Gillo (CDU) durchblicken, dass auf die INES-Sonderermittler offenbar noch viel Arbeit wartet. Vertreter von SPD und PDS sprachen vom Fall QMF als der Spitze des Eisbergs.
Gillo sagte in seiner Regierungserklärung, unter den 80 derzeit intern im Wirtschaftsministerium überprüften Förderfällen gebe es «sowohl revisionsbedürftige als auch völlig korrekte Fälle». Er erwarte, dass die fraglichen Vorgänge in den nächsten Wochen soweit geklärt würden, dass entschieden werden könne, welche dieser Fälle an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden.
Laut Ministerium hatte der Dresdner Weiterbildungsbetrieb QMF in mehreren Tranchen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und Sachsens von Mai 1999 bis Juni 2003 eine Fördersumme in Höhe von rund 21,25 Millionen Euro erhalten. Gillo zufolge besteht der zentrale Verdacht darin, dass QMF Mitarbeiter anderer Firmen übernommen habe, die gleichzeitig in ihrem Betrieb unter der Bezeichnung «Praktikum» weiter beschäftigt blieben, womit letztlich Personalkosten durch Steuergelder ersetzt worden wären. Die Förderung sei auf die Sicherung hoch spezialisierter Arbeitsplätze ausgerichtet gewesen, nach der bisherigen Stichprobenprüfung seien im großen Umfang allerdings nur allgemeine PC-Kurse durchgeführt worden.
INES ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue und Subventionsbetrug gegen 16 Beschuldigte, zu denen Ex-Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Vehse gehört. Dieser verfolgte die Landtagsdebatte auf der Besuchertribüne. In Haft sitzt neben einem 65-jährigen Ex-Abteilungsleiter des Ministeriums auch ein 54-jähriger Manager der inzwischen insolventen Gesellschaft QMF.
PDS-Fraktionschef Peter Porsch sagte, da die Affäre nur durch Zufall ans Licht der Öffentlichkeit geraten sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Sache System haben könnte. Der Eisberg, über den gesprochen werden müsse, sei die Förderpolitik der Staatsregierung. Er kritisierte, dass nicht Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) dem Parlament Rede und Antwort gestanden hat.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Nolle, sagte, er sei davon überzeugt, dass die sächsischen Gerichte mehr als zehn Jahre damit zu tun haben werden, die über ein Jahrzehnt lang unter den Teppich gekehrten Rechtsverstöße von Amtsträgern in Sachsen aufzuklären und zu ahnden. Laut Nolle war Milbradt bereits Mitte 2003 von Gillo in den Fall QMF eingeweiht worden.
ddp/tmo/roy
261354 Mai 04