Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 01.06.2004

Der Elan ist futsch: Das Innenministerium lässt sich viel Zeit mit den Ermittlungen gegen Polizeichef Pilz

 
Die Vorermittlungen des Innenministeriums gegen Polizeipräsident Eberhard Pilz ziehen sich in die Länge. Minister Horst Rasch will sich nicht festlegen, wann jemals mit einem Ergebnis zu rechnen ist.

Im April hatte Innenminister Horst Rasch (CDU) den Leiter der Landespolizeischule Bautzen, Gerd Ley, kurzerhand vom Dienst suspendiert. Den Angestellten Michael Hauck versetzte er ins Archiv der Landeszentrale für politische Bildung. Sonderermittler Hans-Heinrich Brockmann hatte in kürzester Zeit die Ermittlungen gegen die beiden leitenden Mitarbeiter der Polizeischule durchgezogen.

Im wesentlichen drehte es sich dabei um einen privaten Förderverein, der unrechtmäßig die Arbeitsmittel der Schule genutzt haben soll. Das sei eine „Vermischung dienstlicher und privater Belange“, die die drastischen Konsequenzen rechtfertigten, meinte der Politiker. Mit seiner Personalentscheidung ging Rasch schon einen Tag nach Fertigstellung des Berichts an die Öffentlichkeit.

Raschs Elan, Vorwürfe gegen leitende Polizeibeamte zügig aufzuklären, ist offenbar futsch. Die disziplinarrechtlichen Vorermittlungen gegen seinen Landespolizeipräsidenten Eberhard Pilz sind Monate später immer noch nicht abgeschlossen. Der Ermittlungsführer – ein pensionierter Beamter – habe darum gebeten, in Ruhe arbeiten zu können, bemüht sich Ministeriumssprecher Andreas Schumann um eine Erklärung. Außerdem warte dieser auf ein Ergebnis der Staatsanwaltschaft, die parallel gegen Pilz ermittelt. Schumann: „Das soll ein Guss werden.“

Opposition spricht von Verzögerungstaktik

Einen Termin, zu dem er mit einem Resultat rechnet, will Rasch nicht nennen. Das Ministerium will sich nicht einmal darauf festlegen, ob der Ermittlungsführer, der immerhin bereits Ende März eingesetzt worden war, seinen Arbeitsauftrag bis zur Landtagswahl im September erledigen wird.

Innenminister Horst Rasch hatte die anonymen Verdächtigungen gegen Pilz, die von Kollegen-Mobbing über Alkoholprobleme bis hin zum privaten Gebrauch des Dienstwagens reichen, von Anfang an als substanzlos qualifiziert. Warum die Untersuchungen sich aber so lange hinziehen, wenn angeblich ohnehin nichts dran ist, dafür blieb das Ministerium bisher eine Erklärung schuldig.

Oppositionsabgeordnete kritisieren das als Verzögerungstaktik. Rasch wolle bis zur Wahl seine Ruhe haben und das Thema Polizeiaffäre bis dahin aus den Schlagzeilen halten, meinte Steffen Tippach (PDS).

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft liegt die Akte Pilz derzeit bei der Polizei. Dort würden weitere Nachforschungen über Fahrten mit dem Dienstwagen angestellt, sagte Justizsprecher Andreas Feron. Dem Rechtsanwalt Mark Hirschmann zufolge hat Pilz inzwischen erhebliche Nachzahlungen für den privaten Einsatz des Fahrzeugs geleistet.

Die Anwälte der geschassten Mitarbeiter der Schule, Hirschmann und Hans Detlef Grammich, sind nach wie vor zuversichtlich, dass zumindest Ex-Schulleiter Gerd Ley in absehbarer Zeit wieder im Polizeidienst arbeitet. Beim Verwaltungsgericht Dresden ist immer noch ein Verfahren anhängig. Die Suspendierung Leys gilt zunächst nur für drei Monate. Dann müsse das Innenministerium sie aufheben oder ein förmliches Verfahren gegen den leitenden Beamten beginnen, erläutert Hirschmann. Leys Kollege Hauck hat inzwischen fristlos gekündigt. Er prüfe Schadenersatzforderungen an das Land, weil das Innenministerium Informationen über angebliche sexuelle Übergriffe in der Landespolizeischule an die Presse lanciert habe, so der Anwalt.

Der private Förderkreis Demokratie und innere Sicherheit e.V., der nach jahrelangem Engagement an der Landespolizeischule beim Innenministerium plötzlich in Ungnade fiel, steht faktisch vor dem Aus. Vize-Schulleiter Gerhard Burghard, der vor wenigen Monaten die Arbeit des Vereins in den höchsten Tönen lobte, sagte, er werde dafür sorgen, dass in der Fortbildungseinrichtung nie wieder ein Schriftstück des Förderkreises abgelegt werde.
(Von Karin Schlottmann