Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 18.06.2004

CDU hat ein Stasi-Problem

 
Dresden. Der CDU-Landtagsabgeordnete Wilhelm von Carlowitz hat keinen guten Stand in den eigenen Reihen. "Er ist selten da", lautet noch eine der freundlicheren Statements der Fraktionskollegen zum Wirken des gelernten Bankers. Jetzt hat der 59-Jährige ein weiteres Problem: Seine Mitarbeiterin im Büro als Abgeordneter ist laut Birthler-Behörde stasi-belastet, es liegen handschriftliche Notizen von Anfang der 80er Jahre vor. Das hat die Regelanfrage der Landtagsverwaltung ergeben.

Für die Sachsen-Union im Vorwahlkampf ist das prekär. Stets gaben sich die Christdemokraten als Vorreiter für eine Stasi-Überprüfung von Mitarbeitern, jahrelang lagen sie mit der PDS deshalb im Clinch. Entsprechend barsch reagiert die CDU nun auf den Fall. Eine Stasi-Tätigkeit von Mitarbeitern sei "nicht vereinbar" mit der Tätigkeit im Parlament, sagt Klaus Leroff, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion. Die Union distanziere sich "in aller Deutlichkeit". Intern gerät der Banker damit in Erklärungsnot - und meldet schnell noch Vollzug. Laut Leroff hat sich von Carlowitz gestern von der Betroffenen getrennt, mit Wirkung ab 15. Juli, "einvernehmlich".

Aus gutem Grund. Laut Abgeordnetengesetz (Paragraph 6, Absatz 4) wird der so genannte Aufwendungsersatz für Mitarbeiter vom Landtag bei Stasi-Belastung gestrichen, immerhin bis zu 2244 Euro pro Monat. Die Betroffene selbst weist die Anschuldigungen weit von sich. Erst vor kurzem habe sie von den Vorwürfen erfahren, sei nun "wie vom Donner gerührt". Vor allem aber:Die belastenden Notizen "stammen nicht von mir".

Das Stasi-Thema ist nicht das einzige Problem für von Carlowitz. Bei der Parteiarbeit erweist sich das Mitglied der Geschäftsleitung der Dresdner Commerzbank auch sonst als gewiefter Finanzexperte - in eigener Sache. So ist eben jene CDU-Bürokraft ebenfalls seit Jahren bei der Dresdner Commerzbank angestellt, als seine Mitarbeiterin im Vorzimmer. Das aber liegt direkt neben dem Landtag. Folge: Von Carlowitz leistet sich kein gesondertes CDU-Bürgerbüro wie viele seiner Fraktionskollegen, für die Parteiarbeit nutzt die Mitarbeiterin nach eigener Aussage vielmehr sein Landtagszimmer gegenüber.

Für den Abgeordneten hat das einen kleinen Nebeneffekt. Mit dem Trick spart von Carlowitz Miet-, Telefon- und andere Kosten, die übernimmt der Landtag. Genau dafür aber stellt das Parlament jedem Abgeordneten 1104 Euro zur Verfügung - als Pauschale, zusätzlich zur Diät.
(Jürgen Kochinke)