Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 18.06.2004

SPD-Chefin Krehl feuerte kranke Sekretärin

 
DRESDEN - Wie sozial ist die SPD? Wegen 4,50 Euro feuerte SPD-Landes-Chefin Constanze Krehl (47) ihre schwer behinderte Sekretärin Anneliese H. (53). Gestern gab’s die Quittung: Das Arbeitsgericht kippte die Kündigung mit Donner und Doria.

Über zehn Jahre war Sekretärin Anneliese H. in der SPD-Landesgeschäftsstelle tätig. Nie gab es einen Grund zur Klage. Doch im Dezember erhielt die zu 30 Prozent schwer behinderte Frau eine fristlose Kündigung. „Ich soll bei der Fahrtkostenabrechnung betrogen haben“, so die zierliche Angestellte. Im April 2003 bekam sie für einen dienstlichen Termin keinen Dienstwagen, fuhr deshalb mit dem Privatauto. Die Heimfahrt rechnete sie ab. „Schaden“: 3,90 Euro!

Um weitere 60 Cent soll sie die Parteikasse durch eine fehlerhafte Telefonabrechnung betrogen haben. Anneliese H. meldete sich nämlich per Telefon während einer Dienstreise für den Folgetag krank, wollte Ersatz für sich organisieren. Parteichefin Krehl ließ Anneliese H. feuern.

Richterin Cordula Zies: „Nichts rechtfertigt eine Kündigung, maximal eine Abmahnung wäre möglich gewesen.“ Anneliese H., darf heute wieder an ihren Arbeitsplatz zurück.

Peinlich berührt sind viele hochrangige SPD-Mitglieder. Einer der Genossen („Bitte keinen Namen“): „Ich schäme mich für eine solche SPD. Was hier läuft, ist nicht sozial.“ Ein SPD-Abgeordneter: „Hier werden für peinliche Prozesse Mitgliederbeiträge sinnlos ausgegeben.“ Offen wagt zurzeit keiner gegen die umstrittene Landes-Chefin Krehl zu meutern: Am 27. Juni ist Parteitag, auf dem die Kandidaten für die Landesliste aufgestellt werden. Da hat Constanze Krehl ein gewaltiges Wort mitzusprechen. Gestern war sie für eine Stellungnahme nicht erreichbar. (JU)