Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 24.06.2004

Streitfall Nolle: Erster Rücktritt bei der SPD

 
DRESDEN - Karl Nolle (59) ist das Enfant terrible in Sachsens SPD: Das Schwergewicht (120 Kilo) mischt nicht nur die CDU, sondern auch den eigenen Laden kräftig auf. Gestern schmiss Dresdens SPD-Chef Leonhardt sein Amt wegen Nolle hin. SPD-Landes-Chefin Constanze Krehl (48) möchte Nolle aus dem Landtag verbannen.

Der Dienstagabend verlief nach Nolles Geschmack: Der Vorstand des SPD-Unterbezirks Dresden-Elbe-Röder empfahl ihn mit überwältigender Mehrheit für Landtagswahl-Listenplatz 8. Ein - bei derzeitigen SPD-Wahlergebnissen - relativ sicheres Sprungbrett in den Landtag. Das ungewöhnliche Verfahren hatten zuvor Spitzenkandidat Thomas Jurk und Frau Krehl vereinbart. Grund: „Wir konnten uns nicht über Startplatz 8 einigen", so Krehl. Jurk wollte Nolle, Krehl wollte Unterbezirks Chef Albrecht Leonhardt (55).

„Das war so nicht abgesprochen", schäumte Leonhardt gestern. Wegen des klaren Misstrauensvotums schmiss er seinen Chef-Posten hin: „Jegliche Vertrauensgrundlage ist zerstört. Die Dresdner SPD ist dort angelangt, wo ich sie hätte nie hinführen wollen." In den Landtag will er dennoch: „Herr Nolle steht nicht auf Platz 8. Die Sitzung war völlig überflüssig. Der Unterbezirk hat das nicht zu entscheiden."

Krehl sieht das auf einmal ähnlich: „Nur der Landesvorstand entscheidet am Sonnabend nach Beratung mit dem Parteirat über die Liste." Am Sonntag stimmt die Landesdelegiertenkonferenz über die insgesamt 62 Plätze ab.

Sollte Nolle am Sonntag nicht auf Platz 8 des Vorschlags stehen, kündigte er schon mal eine Kampfkandidatur an. Ob Leonhardt im umgekehrten Fall Gleiches vorhat, verriet er nicht: „Kein Kommentar." Falls es für Nolle nicht reicht, will er sich künftig völlig seiner Druckerei widmen. Jedenfalls fast. Gestern schaltete er gemeinsam mit Fraktions-Chef Jurk erst mal eine Internetseite zu seinem Lieblingsthema „Schwarzer Filz"frei.
(Von Stefan Locke)

www.schwarzerfilz.de