Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 24.06.2004
Hauen und Stechen
Kommentar von Jens Jungmann
Sachsen SPD macht mal wieder das, was sie am besten kann: Sie übt sich in Selbstzerfleischung! Statt an einem Strang zu ziehen, gibt es ein Hauen und Stechen hinter den Kulissen um die Kandidatenplätze für die kommende Landtagswahl. Parteichefin Constanze Krehl beweist einmal mehr, dass sie die falsche Frau an der Spitze ist. Statt nach dem katastrophalen Abschneiden bei der Europa- und Kommunalwahl die Partei zu einen, den Genossen Mut für die bevorstehende Wahl zu machen, zettelt sie neuen Streit an: Ihren Lieblingsfeind Karl Nolle will sie mit einem hoffnungslos hinteren Platz aus dem Landtag drücken. Und die Absprachen mit Fraktion-Chef Jurk zur Kandidatenkür? Makulatur. Frau Krehl will allein entscheiden.
Schon vergessen, Frau Krehl? Nolle mag in seiner Art umstritten sein. Aber er war es, der in den vergangenen Jahren die SPD im Freistaat vor dem Vergessen rettete. Nolle war es, der maßgeblich den Rücktritt von Ministerpräsident Biedenkopf und den Sturz von Sozialministerin Weber erzwungen hat. Nolle war es, der mehr als einmal mit kritischen Anfragen die Regierung in erhebliche Unruhe versetzte. Wer ein politisches Kaliber wie Nolle ins Aus schicken will, entmannt die SPD-Fraktion im Landtag.
Eigenständiges und kritisches Denken scheint bei den Genossen der Krehl-Riege nicht gewünscht zu sein. Ja-Sager und Abnicker, die den Zickzackkurs der „Weiter so"-Chefin loben, sollen in den Landtag. Offen gegen Krehl aufzustehen, traut sich in der SPD zurzeit niemand.
Das Ziel, die CDU-Regierung abzulösen oder wenigstens im Regierungsgeschäft mitmischen zu können, ist mit solchem Taktieren in utopische Ferne gerückt. Selbst die treuesten Genossen wetten schon, ob sie im September die 10-Prozent-Marke noch einmal überspringen können. Bericht Seite 10