Karl Nolle, MdL
Volkshaus Döbeln Listenparteitag, 27.06.2004
Nolle: "Es ist immer leichter mit der Partei zu irren, als gegen sie Recht zu haben."
Vorstellungsrede auf dem Landeslistenparteitag der Sächsischen SPD in Döbeln.
Gunnar Saft in der Sächsische Zeitung vom 28.6.04:
"Der offen ausgetragene Personalstreit eskalierte in Döbeln endgültig zum inhaltlichen Richtungskampf als es um den Dresdner SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle ging. Offenbar in fataler Verkennung der Stimmung im Saal stempelte vor allem der Leipziger Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber Nolle als gefährlichen Populisten ab, mit dem die Partei zur Landtagswahl im Herbst ein Ergebnis erziele, das „näher an fünf statt an 17 Prozent“ liegen werde.
Die rüde Attacke verfehlte jedoch ihre erhoffte Wirkung. Das lag auch am souveränen Kandidaten Nolle selbst, dessen Rede – inklusive Entschuldigung für gemachte Fehler und dem trotzigen Versprechen, ein politischer Wadenbeißer zu bleiben – von den Delegierten in fast atemloser Stille verfolgt wurde. Am Ende reichte das klar für Platz acht".
Anrede
In manchen Zukunftsfragen bin ich nachdenklicher geworden, seit ich vor zwei Jahren Opa Karl geworden bin.
Und ich überlege, was aus der Partei meiner Urgroßeltern, meiner Großeltern und Eltern dann eigentlich geworden sein wird, wenn meine Enkeltochter Lilly-Sophie eines Tages selber Mutter ist.
Wir werden es mit langem Nachdenken nicht herausbekommen. Aber eines ist gewiss, Politik wird auch dann nur Erfolg haben, wenn sie die Köpfe und die Herzen der Menschen erreicht. Wenn sie die Menschen dort abholt, wo sie stehen und nicht irgendwo unterwegs.
Wie auch auch Unternehmen nur dann erfolgreich sein werden,wenn ihre Produkte gut ankommen und wenn ihnen nicht die Kunden und Mitarbeiter fortlaufen.
Ich möchte daran mitarbeiten, dass sich unsere traditionsreiche Volkspartei nicht weiter im Misstrauen des Wahlvolkes auflöst. Ich bin als Lehrling damals 1963, vor 40 Jahren, in die IG Metall und die SPD eingetreten, gleichzeitig. Das war damals selbstverständlich für einen angehenden Facharbeiter.
Als ich 1986 wegen einer Zweitstimmenkampagne für die Grünen aus der SPD ausgeschlossen wurde habe ich zum ersten Mal erfahren, "dass es leichter ist, mit der Partei zu irren als gegen sie Recht zu haben". Gerhard Schröder hat später einmal mein frühes, rot/grünes Engagement als sehr weise bezeichnet.
Anrede
Ich habe seit 1999 duzende Skandale von Amtsträgern im schwarzen Sachsen ins öffentliche Bewusstsein gebracht. Es stimmt, nicht jede der vielen Aktionen war ein Erfolg und manchmal habe ich das nicht so vermitteln können, dass es alle Genossen nachvollziehen konnten. Ich habe auch Fehler gemacht und entschuldige mich dafür.
Aber letztlich haben wir es als kleinste Oppositionspartei durch dieses Nichtlockerlassen geschafft, dass sowohl Biedenkopf, wie auch Weber, Köhler, und Hertwich, um einige Beispiele zu nennen, auf der schiefen Ebene von entlarften Lügen, Untreue, privaten Verstrickungen und Zumutungen abgerutscht sind.
Fortsetzen möchte ich auch mein Engagement im ganzen Land zu Mittelstandspolitik und Bevölkerungsentwicklung und als einziger aktiver sozialer Unternehmer im Sächsischen Landtag die Auseinandersetzung mit rückwärtsgewandten Politik- und Wirtschaftskonzepten der CDU und für den weiteren Aufbau Ost.
Willy Brand hat einmal gesagt Demokratie ist Kontrolle von Macht und ich füge hinzu, Politik braucht Moral - dafür kämpfe ich.
Anrede
Ich verspreche, weiter den Mut zur Ehrlichkeit aufzubringen und die Courage billigem Opportunismus zu widerstehen. Ich verspreche, Versuche von Ausgrenzung und Anfeindung zu ertragen und mich der Verkleisterung der Verhältnisse zu verweigern. Ich hoffe ich habe die Kraft Resignation in Leidenschaft zu verwandeln, und ich hoffe, ich kann mich frei machen von falscher Eitelkeit.
Ja, mein Herz schlägt links, dazu bekenne ich mich.
Als sozialdemokratischer Unternehmer weiss ich, unser wichtigstes Kapital sind die Menschen, die bei uns arbeiten, nicht Maschinen, Immobilien oder Bankkonten.
Emmanuel Kant hat sehr viel über den Menschen und die Unwiederholbarkeit seiner Persönlichkeit nachgedacht. Und er hat gesagt, alles in der Welt hat einen Preis, nur der Mensch hat Würde.
Auch das sollten wir bei unseren Reformen auf keinen Fall vergessen.
Würde hat keinen Preis.
Ich finde das ist zutiefst sozialdemokratisch.
Herzlichen Dank ...