Karl Nolle, MdL
Agenturen ddp-lsc, 14 :25 Uhr, 27.06.2004
SPD straft Chefin ab - Jurk führt Partei in Landtagswahl - Krehl mit Ach und Krach auf Platz 2 - Nolle gewinnt Kampfabstimmung Döbeln
(ddp-lsc). Die SPD zieht mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Thomas Jurk an der Spitze in den Landtagswahlkampf. Die Delegierten der Landeswahlkonferenz setzten den 42-Jährigen am Sonntag in Döbeln mit deutlicher Mehrheit auf den ersten Platz der Landesliste. Sie versagten anschließend einer ganzen Reihe der vom Parteivorstand empfohlenen Bewerber die Zustimmung und entschieden sich statt dessen für die dem Jurk-Lager zugerechneten Gegenkandidaten. SPD-Landeschefin Constanze Krehl wurde deutlich abgestraft und mit 32 Ja- und 25 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung nur knapp auf dem zweiten Listenplatz bestätigt.
Jurk erreichte hingegen 52 Ja-Stimmen bei 5 Voten gegen ihn und einer Enthaltung. Der Zuspruch für ihn lag damit bei 89,7 Prozent, der für die Europaparlamentarierin Krehl bei 55,2 Prozent. Beide hatten keine Gegenkandidaten. Krehl wollte zu ihrem schlechten Abschneiden am Sonntag keine Stellung nehmen.
Auf den Plätzen 3 und 5 erteilten die Delegierten der Empfehlung des Landesvorstandes eine Absage und entschieden sich mehrheitlich für den Juso-Chef Martin Dulig und den einstigen Leipziger Universitätsrektor Cornelius Weiss, die beide als Krehl-Kritiker gelten. Ihre Gegenkandidaturen wurden von Jurk offen unterstützt. Dulig war ursprünglich für Platz 31 vorgesehen, Weiss für Platz 20. Der vierte Platz ging wie vorgesehen an die Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion, Gisela Schwarz. Platz 6 eroberte Johannes Gerlach, Platz 7 behielt Umweltexpertin Simone Raatz, die mit 51 Stimmen das zweitbeste Ergebnis nach Jurk einfuhr.
Der innerparteilich umstrittenste Abgeordnete Karl Nolle setzte sich mit 31 Stimmen gegen seinen Fraktionskollegen Gunther Hatzsch auf Platz 8 durch, der genauso wie bei der Wahl zuvor gegen Dulig scheiterte. Gegen Nolle hatten sich bei der Aussprache der sächsische Landesgruppenchef der SPD-Bundestagsfraktion, Gunter Weißgerber, und der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Gerald Thalheim, ausgesprochen. "Karl Nolles Außenwirkung ist verheerend", hatte Weißgerber an die Delegierten appelliert und der SPD im Fall von Nolles Wahl ein Ergebnis "näher an 5 als an 17 Prozent" prophezeit. Jurk setzte sich dagegen für den im Zusammenhang mit der Amtsaufgabe von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) als "Chefaufklärer" bekannt gewordenen 59-Jährigen ein, dem er eine Entwicklung und die Fähigkeit zum "Mannschaftsspiel" attestierte.
Durch die auf den vorderen Plätzen ausschließlich erfolgreichen Gegenkandidaturen näherte sich die SPD-Liste zu weiten Teilen wieder der dem Landesvorstand vor einer Woche gemeinsam von Krehl und Jurk vorgelegten Empfehlung an. Diese war jedoch vom obersten Parteigremium am Samstag auf den Kopf gestellt worden, das offensichtlich die Stimmung an der Basis falsch einschätzte.
Zur Landtagswahl sind die Sachsen am 19. September aufgerufen. Bei der Entscheidung vor fünf Jahren verbuchte die SPD mit 10,7 Prozent einen bundesweiten Negativrekord und landete nach CDU und PDS abgeschlagen auf dem dritten Platz. Damals gelang 14 Sozialdemokraten der Einzug ins Parlament. Spitzenkandidat war der frühere Partei- und Fraktionschef Karl-Heinz Kunckel, der mit Ende dieser Legislaturperiode aus dem Landtag ausscheidet.
ddp/tmo/kfr
271425 Jun 04