Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 03.08.2004

Wirtschaft gegen Arbeit

Schuldzuweisung im Ministerium / Leck im Ausschuss?
 
Dresden. Der Sachsenring-Untersuchungsausschuss des Landtags gerät zum Possenspiel. Bei der gestrigen Zeugenvernehmung haben beide Ex-Staatssekretäre im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Vehse und Wolfgang Zeller (beide CDU), jede Verantwortung für die umstrittene Qualifizierungsgesellschaft QMF zurückgewiesen und dem Ressortkollegen zugeschoben.

Vehse bestätigte, 1998 die Verhandlungen für den Verkauf des Dresdner Chipherstellers ZMD an den Zwickauer Autozulieferer Sachsenring AG (SAG) federführend wahrgenommen zu haben. Von der damit ins Leben gerufenen QMF habe er aber erst bei seiner Hausdurchsuchung vor drei Monaten erfahren. „Die Frage der Qualifizierungsgesellschaft lag ausschließlich in der Verantwortung von Kollegen Zeller“, sagte Vehse. Zeller räumte ein, „von der Papierform her“ zuständig gewesen zu sein. „Aber die Praxis hat oft anders ausgesehen.“

Ausschusschef André Hahn (PDS) zeigte sich „erstaunt“. Zudem war den Zeugen vieles „nicht erinnerlich“ in der achtstündigen Vernehmung, in der allein sieben Stunden Vehse gehörten. Der ließ aufhorchen, als er fast wörtlich aus dem unbestätigten Ausschussprotokoll von der jüngsten Vernehmung des Ex-Ministers Kajo Schommer (CDU) zitierte. Befragt, wo er das her habe, verwies Vehse auf Unterlagen der Staatsanwaltschaft. Das konnte laut Hahn nicht sein, da das Protokoll nur Schommer und den Ausschussmitgliedern vorliege.

Der Staatsanwalt – gestern Zuhörer – ermittelt gegen 16 Beschuldigte. QMF soll Subventionen in Höhe von 21,25 Millionen Euro zu Unrecht erhalten haben. Bei QMF waren 140 nicht von der SAG übernommene ZMD-Mitarbeiter geparkt worden – auf Kosten des Steuerzahlers, aber am alten Arbeitsplatz.
(Von Michael Rothe)