Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 19 :15 Uhr, 02.08.2004

Wirtschaft gegen Arbeit - Kein Staatssekretär fühlte sich für QMF verantwortlich

Vehse überrascht mit Details aus Akten
 
Dresden (ddp-lsc). Auf die in einem Haus untergebrachten Felder Arbeit und Wirtschaft ist die Staatsregierung normalerweise ausgesprochen stolz. So rühmte sie sich ihres Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit etwa nach der Bundestagswahl 2002, als Rot-Grün bei der Kabinettsbildung dem sächsischen Beispiel folgte. Nun hat sich dieser Ressortzuschnitt zwar bis Berlin herumgesprochen. In Sachsen selbst scheint er jedoch nicht einmal von der Justiz begriffen worden zu sein - so sieht dies zumindest

Ex-Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Vehse. Im Zeugenstand des Sachsenring-Untersuchungsausschusses verwies er am Montag auf die «strikte Verantwortungstrennung», die es im Ministerium gegeben habe - und wegen der er sich von der Staatsanwaltschaft «unschuldig verfolgt» fühle.

Er habe zwar 1998 die Verhandlungen zum Verkauf des Zentrums Mikroelektronik Dresden (ZMD) an den Zwickauer Automobilzulieferer Sachsenring im Auftrag seines damaligen Ministers Kajo Schommer (CDU) federführend wahrgenommen, sagte Vehse. Die Durchführung der in diesem Zusammenhang vereinbarten Qualifizierungsmaßnahmen für die etwa 140 nicht von Sachsenring übernommenen ZMD-Mitarbeiter habe allerdings im Bereich des anderen früheren Staatssekretärs des Ministeriums, Wolfgang Zeller, gelegen.

Zeller wiederum sagte etwas ganz anderes. Sein Zeugenauftritt am Montagabend dauerte im Gegensatz zum siebenstündigen Kreuzverhör von Vehse nicht mal eine Dreiviertelstunde. Der simple Grund, der einen Teil der Ausschussmitglieder verblüffte: «Ich war mit diesem Fall nicht berührt». Er sei mit vielen Beschäftigungsgesellschaften befasst gewesen, «nicht aber mit QMF». Zwar sei er «nach der Papierform» für den Bereich Arbeit zuständig gewesen und Vehse für den Bereich Wirtschaft. Allerdings habe die Realität anders ausgesehen.

QMF soll von Mai 1999 bis Juni 2003 für angebliche Qualifizierungsmaßnahmen zunächst für vorherige ZMD-Mitarbeiter staatliche Subventionen in Höhe von rund 21,25 Millionen Euro zu Unrecht erhalten haben. Die Maßnahmen sollen nach Medienberichten zumindest teilweise nur pro forma durchgeführt und ungewöhnlicherweise nicht mit einem Arbeitsplatzwechsel verbunden gewesen sein. Der Freistaat hat inzwischen wegen der aufgelaufenen Zinsen Rückforderungen in Höhe von 25 Millionen Euro gestellt. Wegen QMF ermittelt auch die Staatsanwaltschaft gegen Vehse.

Im Unterschied zu Zeller, der sich bei seiner Aussage auf sein Erinnerungsvermögen bezog, hatte der Zeuge Vehse in Vorbereitung der Vernehmung Tausende Aktenseiten studiert. Ausschusschef André Hahn (PDS) registrierte erstaunt, dass Vehse aus Unterlagen zitiert habe, die dem Gremium gar nicht zur Verfügung stünden. Der 59-Jährige berief sich indes auf Akten der Staatsanwaltschaft, die er wegen der Ermittlungen einsehen darf und gab auch den angeblichen «Kronzeugen Kaufmann» preis, der als «Fondsverwalter» der Fördermittel mit dem Fall QMF zu tun gehabt habe.

Der verantwortliche Staatsanwalt, der ihn noch nicht einmal vernommen habe, sei «offenbar von der fixen Idee beseelt, dass jeder Politiker und jeder leitende Beamte latent kriminell» sei, kritisierte Vehse. Er war erst vor kurzem mit einer Beschwerde gegen die Durchsuchung seiner Wohnung im Zusammenhang mit der QMF-Affäre gescheitert.
(Von ddp-Korrespondent Tino Moritz)

ddp/tmo/roy
021915 Aug 04