Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 17:05 Uhr, 08.08.2004

"Ein normales DDR-Leben"

Sachsens PDS-Hoffnungsträger Peter Porsch wird kurz vor der Wahl mit Stasi-Vorwürfen konfrontiert
 
Dresden (ddp-lsc). Zweimal wollte die PDS mit eher außergewöhnlichen Spitzenleuten in ostdeutschen Landen Stimmen sammeln: Was in Thüringen Bodo Ramelow Mitte Juni auch tatsächlich gelang - unter seiner Führung kamen die Sozialisten auf ein sattes Plus von 4,8 Prozent -, soll für die Genossen in Sachsen Peter Porsch bei der Wahl am 19. September wiederholen. Wie Ramelow stammt auch Porsch nicht aus der DDR. Anders als der Niedersachse Ramelow siedelte der gebürtige Wiener Porsch jedoch bereits 1973 in die DDR über, nach eigenen Aussagen sowohl aus Zuneigung zum Sozialismus als auch zu seiner späteren Frau.

Nun scheint ihn die Vergangenheit einzuholen. Nach Vorwürfen des Nachrichtenmagazins «Focus» soll der inzwischen 59-Jährige seit 1970 für die DDR-Staatssicherheit aktiv gewesen sein. Porsch bestreitet die Vorwürfe und wittert eine Kampagne gegen die PDS angesichts der in sechs Wochen bevorstehenden Landtagswahl. Er habe «ein normales DDR-Leben gelebt, ohne irgendwelche Verwicklungen», beteuerte Porsch am Sonntag. Wenn überhaupt, dann sei er von irgendjemandem «abgeschöpft» worden.

In Sachsens PDS, deren Vorsitzende Cornelia Ernst sich auch nach den Stasi-Vorwürfen hinter Porsch stellte, gilt er bislang als unangefochten. Seit 1990 ist Porsch Landtagsabgeordneter, seit zehn Jahren Chef der PDS-Fraktion. Der Landespartei stand er von 1990 bis 1995 sowie von 1997 bis 2000 vor.

Als Spitzenkandidat führte er die Partei bereits in die Landtagswahl 1999, bei der sich die PDS im seit der Wende mit absoluter CDU-Mehrheit regierten Sachsen mit 22,2 Prozent erstmals als zweite politische Kraft durchsetzte. Die bisherigen Umfragen vor der Wahl am 19. September sagen den Sozialisten - mit knapp 17 000 Mitgliedern immer noch größte Partei im Freistaat - ein sicheres Ergebnis über der 20-Prozent-Marke voraus. Porschs Ziel: Eine rot-rote Koalition, gemeinsam mit der im Freistaat allerdings arg schwächelnden SPD.

Der als unangepasst geltende PDS-Frontmann überrascht im Landtag bisweilen mit einer provokanten Wortwahl. Originelle Formulierungen werden von dem studierten Germanisten, der als Professor immer noch an der Universität Leipzig lehrt, beinahe schon erwartet. Nach Bekanntwerden der Stasi-Vorwürfe waren von ihm am Wochenende indes keine besonderen Bonmots zu vernehmen.
(Von ddp-Korrespondent Tino Moritz)

ddp/tmo/roy
081705 Aug 04