Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 21.08.2004

Porsch will nichts mehr über IM Christoph lesen

 
Dresden. So viel wie möglich würden sie wegen der Stasi-Vorwürfe gegen PDS-Spitzenkandidat Peter Porsch klagen, sagt Peter-Michael Diestel, einer seiner Advokaten. "Davon leben wir." Und Porsch macht Ernst. Sein Hamburger Medienanwalt Sven Krüger schickt dieser Tage diversen Redaktionen wie auch unserer Zeitung eine Flut von Klagedrohungen ins Haus. Regionale, überregionale und Boulevardblätter zählen sich schon die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen sowie Gegendarstellungs-Begehren vor. Der MDR und die Nachrichtenagenturen bekamen indes noch keine Post.

Porsch will weitere Berichte verhindern, nach denen er für die Stasi Informationen gesammelt habe, möglicherweise auch als "IM Christoph", wie Akten und Aussagen der Birthler-Behörde nahe legen. Porsch argumentiert, er habe nicht wissentlich mit der Stasi kooperiert, sei aber vielleicht "abgeschöpft" worden.

Dieter Soika, Chefredakteur der Freien Presse aus Chemnitz, sitzt derzeit vor vier Schriftsätzen. "Wir unterschreiben aber weder eine Unterlassungserklärung noch drucken wir eine Gegendarstellung", sagt Soika. Die Freie Presse soll beispielsweise den Artikel des Magazins Focus nicht zitieren dürfen, der den Vorwurf erhebt, dass Porsch von 1970 bis Mitte der 80er Jahre für die Auslandsspionage oder die Stasi tätig war. "Man würde uns also verbieten zu berichten, dass jemand einen Vorwurf erhebt", kritisiert Soika. Gerade Politiker versuchten Nachrichten zu unterdrücken. "Wenn es danach ginge", so der Chefredakteur, "dürften wir nur noch berichten, was die gern sehen wollen."

Der Focus selbst sieht sich mit zwei Unterlassungsklagen konfrontiert. "Wir sollen demnach nicht mehr auf die Übereinstimmung von IM Christoph und Peter Porsch hinweisen dürfen und müssten es außerdem unterlassen, aus den Stasi-Akten zu zitieren. Damit würden Berichte, die aus historischen Quellen zitieren, unmöglich gemacht", sagt der Leipziger Korrespondent Alexander Wendt. Er werde aber unbeeindruckt davon weiter berichten.

Streitereien um Stasi-Vorwürfe in den Medien landen wie bei Gregor Gysi, Günther Wallraff und Manfred Stolpe regelmäßig vor Gericht. "Wenn die Redaktion aber belegen kann, dass sie in der Verdachtsberichterstattung die Sorgfaltspflichten eingehalten hat, muss der Betroffene das Gegenteil beweisen. Das ist hier der Fall", sagte der Justitiar unserer Zeitung, Matthias Meincke. Zu wessen Gunsten entschieden werde, sei aber von Gericht zu Gericht sehr verschieden.

Reiner Burger, Dresdner Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, ist empört über Porschs Attacken. "Hier wird die Pressefreiheit in ihrem Kern verletzt." Burger hatte anlässlich Porschs erster Pressekonferenz zum Verdacht der Spitzeltätigkeit eine Nachricht geschrieben, sollte danach aber das zentrale Thema nicht wiedergeben dürfen. "Eine absurde, irrwitzige Absicht", so Burger. Wenn jemand im Wahlkampf das Amt des Ministerpräsidenten anstrebt sei es im öffentlichen Interesse, auch dessen Vergangenheit zu betrachten. "Alles andere ist Weinerlichkeit."

Porsch selbst rechtfertigte das aggressive Vorgehen damit, dass sich der "Angriff" auch gegen seine Familie richte. Allerdings hat er selbst bestätigt, zumindest die Kriminalpolizei über eine Lesung in der Wohnung seiner Partnerin ins Bild gesetzt zu haben.
(Sven Heitkamp)