Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 26.08.2004

Beihilfen an ZMD: Täuschung

Kommentar von Ingolf Pleil
 
Mit dem Beihilfe-Fall bei ZMD haben die Vorwürfe gegen die frühere Spitze des sächsischen Wirtschaftsministeriums eine neue Qualität erreicht. Bislang ist die angeblich indirekt mit Staatsgeldern finanzierte CDU-Kampagne "Sachsen für Sachsen" vor den Wahlen 1999 eher eine Art Geraune, Aussage steht gegen Aussage. Es gibt zwar Indizien, die als Belastung für Ex-Minister Kajo Schommer und seine Untergebenen dienen können. Doch wer den CDU-Politiker für integer hält, konnte die Vorwürfe auch als Verleumdung abtun.

Nun sind im Umfeld dieser Affäre Papiere aufgetaucht, die erstmals schwarz auf weiß belegen: Im sächsischen Wirtschaftsministerium gab es die politische Absicht zum Betrug. Da spielt es zunächst auch keine Rolle, ob tatsächlich strafbare Handlungen vorliegen. Das muss die Staatsanwaltschaft klären.

Klar ist jedoch schon jetzt eine beklemmende Geisteshaltung: Die EU an der Nase herumzuführen, ist doch nur ein Kavaliersdelikt. Das klingt nach Stammtisch, waberte aber durch die Köpfe eines sächsischen Ministeriums. Der Vorsatz zur Täuschung der Europäischen Kommission ist im Schreiben eines Abteilungsleiters eindeutig formuliert. Minister und Staatssekretär haben das Papier abgezeichnet, von Konsequenzen für den Spitzenbeamten ist dennoch nichts bekannt. Insgesamt erscheint damit auch "Sachsen für Sachsen" in neuem Licht. Wer weiß schon, was in diesem Ministerium noch alles denkbar war?

Dennoch wird der Fall Ministerpräsident Georg Milbradt im Wahlkampf kaum noch ernst-haft in Bedrängnis bringen. Von einer Beteiligung des damali-gen Finanzministers ist bislang nichts bekannt. Eine Kontinuität politischer Verantwortung gibt es in diesem Fall nicht. Und bis klar ist, ob und welche Konsequenzen auf das ZMD zukommen, sind die Stimmzettel längst ausgezählt.

Milbradt sollte heute nicht allzu leichtfertig mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze hantieren. Seine Mahnung, die Aufklärung des Falls dürfe jetzt nicht Stellen gefährden, impliziert einen Vorwurf. Doch dürfen Ursache und Wirkung nicht durcheinander gebracht werden. Selbst wenn ZMD irgendwann noch mit Rückforderungen der Millionenbeträge konfrontiert sein sollte: Der Ursprung dieser Katastrophe bliebe im sächsischen Wirtschaftsministerium zu suchen, nicht in den Reihen der Landtagsopposition.

Es geht doch um Arbeitsplätze - das hatten sich bereits Schommer und Co. bei ihrem Handeln nach Gutsherrenart auf die Fahnen geschrieben. Doch der Zweck heiligt bekanntlich nicht jedes Mittel.