Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 27.08.2004

Der Mann, der Porsch entlastet

 
Leipzig. "Das wissen alle", sagt Friedheim Opelt. "Ich habe kein Problem damit." Der einstige Stasi-Offizier macht kein Geheimnis aus seiner Vergangenheit, die plötzlich Bedeutung hat. Mit einem Mal ist der 53-Jährige zum Zeugen geworden. Er weiß, ob Peter Porsch einst Spitzel war - oder nicht. Opelt hat eine eidesstattliche Versicherung über seine Kontakte zu Porsch abgegeben. Die liegt nun bei dessen Anwalt.

Eine bierernste Sache, wo Opelt doch sonst für Frohsinn bekannt ist. Mit Sprüchen wie "Die Maut, die hat sich mau gemacht und nicht das gewünschte Geld gebracht", hielt Büttenredner Friedheim im Februar die Narren im Leipziger Südraum bei Laune. Überhaupt scheut er keineswegs die Öffentlichkeit: Wenn er sich ärgert, zum Beispiel weil ein Spielplatz plattgewalzt wurde, macht er in der Lokalausgabe unserer Zeitung seinem Herzen Luft, und falls es in der Sauna schön warm war, trägt er dies mit Witz und vollem Namen ins Internet-Gästebuch ein. Eltern wählten ihn nach der Wende zum Vorsitzenden eines Tanzsportzentrums, Kleingärtner zum Vereinschef, eine Schützengesellschaft berief ihn zum Pressesprecher.

20 Jahre ist es her, dass der damalige Oberleutnant mit Porsch zu tun hatte. Der ist nun PDS-Spitzenkandidat zur Landtagswahl und behauptet, nie wissentlich mit der Stasi gesprochen zu haben. Von Opelt erhält er Schützenhilfe. "Ich habe mich ihm beim ersten Treffen als ,Untersuchungsorgan der DDR - Kriminalpolizei' vorgestellt, später habe ich mich ja nicht mehr vorstellen müssen", erklärt der Ex-Offizier gegenüber unserer Zeitung.

Bei der Birthler-Behörde löst die Theorie tiefe Zweifel aus. Die Akten würden ein völlig anderes Bild zeichnen, erklärt Behördensprecher Christian Booß. Nach den Unterlagen wurde Porsch bei der Stasi-Spionageabteilung in Berlin als IM geführt und 1984 zur operativen Nutzung an die Leipziger Genossen ausgeborgt, Opelt erhielt aus Berlin ein mit Porsch vereinbartes Codewort, rief den Germanistikdozenten an und verabredete sich mit ihm im Interhotel Stadt Leipzig. Doch selbst, wenn die seltsame Theorie vom Kripo-Mann stimmen sollte, bleiben die vonOpelt unterschriebenen Berichte für Porsch äußerst belastend.

Das Gespräch beim ersten Treff drehte sich um eine geplante Schriftstellerlesung in der Wohnung von Porsch und dessen Lebensgefährtin, und Opelt erteilte laut Akte klare Anweisungen: "Es wurde folgender Auftrag vereinbart:

- Anzahl der Teilnehmer, weitestgehende Identifizierung und Einschätzung dieser

- inhaltliche Einschätzung der Lesung

- Charakterisierung der Diskussion (Personelle Schwerpunkte dabei)".

Heute hat Opelt das Gespräch anders in Erinnerung: "Er wurde gebeten, ob diese Informationen zu erarbeiten sind."

Spitzelaufträge - ob nun von Stasi oder Kripo - gehörten allerdings nicht zum Pflichtprogramm von DDR-Bürgern. Laut den Akten traf sich Opelt kurz nach der Lesung erneut mit seiner Quelle und verfasste anschließend einen Treffbericht. Nicht nur die Namen von Teilnehmern hatte Opelt erfahren: Bei der Lesung war über die Ausreise einer Autorin diskutiert worden. "Lutz Rathenow stellte dazu fest, daß es aber auch gut ist, wenn solche Leute drüben sind und die dann die Möglichkeit haben, offen über die Verhältnisse in der DDR zu schreiben." Eine brühwarme Information für Opelt, die der Oberleutnant in seinen Bericht aufnahm. Schriftsteller Rathenow ist heute über die Weitergabe dieser, für ihn schädlichen Äußerung empört. Das sei "heimtückisch", ganz gleich, ob es der Stasi oder einem anderen Staatsorgan erzählt wurde.

Nach den von Opelt unterschriebenen Akten traf dieser sich mindestens fünfmal mit seinem Zuträger. Die Stasi jubilierte: "Durch den Einsatz des IM konnten wertvolle Hinweise zu Aktivitäten negativer Schriftsteller der DDR ... erarbeitet werden."

Selbst wenn die Kripo-Story wahr sein sollte, war Porsch laut Akten ein emsiger Informant der Staatsorgane. "Es ist einiges anders geschrieben, als es war", behauptet Opelt nun über seine eigenen Texte. Ein Satz, der vor 20 Jahren seine Genossen entsetzt hätte, aber heute gewiss ihren Beifall findet. Manfred Bols, ranghoher Offizier der Leipziger Bezirksverwaltung, hat 2002 Memoiren herausgebracht. Nach der Wende, so heißt es in dem Buch, hatten die Mitarbeiter der Stasi "die hohe moralische Verpflichtung gegenüber ihren IM, sie vor Schaden zu bewahren".
(von Armin Görtz)






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