Karl Nolle, MdL
Neues Deutschland ND, 03.09.2004
Gemeinsam Alternativen suchen
Peter Porsch (PDS), Karl Nolle (SPD) und Hanjo Lucassen (DGB) debattierten über Hartz IV und Sachsens Landtagswahl
Erstmalig war »ND im Club« im August außerhalb Berlins auf Tour. In Dresden kamen fast 200 Zuhörer in den Kulturpalast, um eine Debatte zwischen PDS-Spitzenkandidaten Prof. Peter Porsch, SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle und DGB-Landeschef Hanjo Lucassen über Hartz IV und den gegenwärtigen Landtagswahlkampf zu erleben.
ND: Seit 1990 gibt es in Sachsen relativ fest gefügte politische Verhältnisse. Kurz vor der jetzigen Landtagswahl geraten diese ins Wanken. Am meisten profitiert die PDS vom Unmut der Menschen über Hartz IV. Herr Porsch, müssen Sie nach der Wahl Dankschreiben an die Bundesregierung schicken?
Porsch: Wenn Menschen meinen, es geht ihnen ans Eingemachte, suchen sie nach Alternativen. Insofern hat eine Politik, die Menschen in Nöte bringt, Anteil daran, dass andere mehr Aufmerksamkeit bekommen. Hätten die allerdings nichts anzubieten, würde das nicht funktionieren. Die PDS hat in 14 Jahren mit ihrer Oppositionspolitik gezeigt, dass sie auf Seiten der kleinen Leute, der sozialen Gerechtigkeit ist. Wir haben zwei Mal alternative Haushaltsangebote gemacht, die bei gleichem Haushaltsvolumen andere soziale Schwerpunkte setzten. Wir haben ein alternatives Landesentwicklungskonzept vorgelegt. Die guten Umfragewerte haben wir nicht vorrangig der schlechten Politik der Bundesregierung zu verdanken, sondern dem, was wir uns an Ruf erarbeitet haben.
Aber welcher Teufel reitet Sie, in dieser Zeit, wo die Luft brennt, Tausende auf die Straße gehen, sich darum zu reißen, noch mehr Verantwortung tragen zu wollen?
Porsch: Mein Ziel ist, in Sachsen eine politische Situation herbeizuführen, in der eine andere Politik möglich ist. Wenn mir nur das Wohl und Wehe meiner Partei am Herzen läge, müsste mich tatsächlich der Teufel reiten, in dieser Zeit mehr Verantwortung übernehmen zu wollen. Ein Scharlatan wäre, der sagt, wählt mich am 19. September, am 20. gibt es keine Arbeitslosigkeit mehr, am 21. sind die Kassen nicht mehr leer und alle kriegen eine Lehrstelle. Ich bin in der PDS, weil die PDS sich der Nöte der Menschen annimmt. Und ich will mit Kräften dafür wirken, dass die Leute erkennen, es geht anders, und mitmachen, Alternativen zu entwickeln.
Herr Lucassen, die Gewerkschaften sind in einer Zerreißprobe. Der DGB-Bundesvorstand ruft ausdrücklich nicht zu Demonstrationen auf, die Ost-Landesverbände tun es. Die Demonstranten sagen, Hartz IV muss weg, Gewerkschaften fordern nur Nachbesserungen. Keine komfortable Lage, oder?
Lucassen: Der DGB hat von Anfang an seine Befürchtungen deutlich gemacht. Hartz war eine Kopfgeburt und muss verändert werden, war unsere klare Forderung. Wir haben aber auch gesagt, es gibt bestimmte Ansätze bei der Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe, die richtig sind. Der DGB Sachsen hat sehr zeitig begonnen, die Menschen aufzuklären, was auf sie zukommt. Das ist von den Parteien aufgegriffen worden – sogar die CDU tut so, als nähme sie sich der Nöte an. Sachsens Ministerpräsident Milbradt müsste ganz kurze Beine haben, weil Lügen kurze Beine haben. Dieser Mann hat im Bundesrat für eine Verschärfung von Zumutbarkeiten gestimmt und zieht heute durchs Land und barmt über Hartz IV. Kurz: Der DGB Sachsen ruft zu Montagsdemos auf – im Verbund mit Sozialverbänden und Arbeitsloseninitiativen.
Es muss eine ganze Menge nachgebessert werden – da kann der Kanzler noch so oft sagen, er bewege sich nicht mehr. Er hat sich ja schon bewegt und deshalb werden die Gewerkschaften den Druck aufrechterhalten und notfalls erhöhen. Wir müssen allerdings aufpassen, dass sich nicht falsche Freunde einmischen. Mit der braunen Soße wollen wir nichts zu tun haben.
Herr Nolle, die SPD in Sachsen wird nach der Wahl wenig Anlass haben, einen Dank an ihren Kanzler zu senden. Wie viel Wut auf die Bundes-SPD haben Sie im Bauch?
Nolle: Gründe, wütend zu sein, sind in demokratischen Parteien nicht einmalig. Ich habe in meinem politischen Leben manches Mal erfahren, dass es leichter ist, mit der Partei zu irren, als gegen sie Recht zu haben. Die sächsische SPD-Landtagsfraktion war für eine Verschiebung der Hartz-Reform in der jetzigen Form, wir haben uns für 12 statt 11 Zahlungen stark gemacht, wir haben uns gegen den Aberwitz bei Hartz IV gewandt, dass möglicherweise auch noch Datschen zum anrechenbaren Vermögen geschlagen werden sollten, und wir sind parteiintern gegen die Kürzung der GA-Förderung, der regionalen Wirtschaftsförderung im Osten, auf die Barrikaden gegangen. Der Paradigmenwechsel, der mit der Agenda und jetzt Hartz IV stattfindet, wurde meines Erachtens in unverantwortlicher Weise übers Knie gebrochen. Die Absicht, die dahinter steht, halte ich für vernünftig, das Ergebnis aber für mehr als beklagenswert. Das Hauptproblem ist doch: Dass hier, wie es heißt, per Gesetz eine große »Sozialreform« gemacht wird, die gleichzeitig ein Milliarden-Sparprogramm sein soll, aber gleichzeitig das Wichtigste gar nicht vorhanden ist, um diese »Reform«, vor allem im Osten, auch umsetzen zu können – nämlich Arbeitsplätze, und es werden dadurch auch nicht neue geschaffen. Die CDU Sachsen hat mit ihrem Herrn Milbradt im Vermittlungsausschuss nicht nur faule Kompromisse erzwungen und die Zumutungen in unverschämter Weise verschärft, sondern er ist auch noch über seinen Justizminister im Bundesrat initiativ geworden, die Sozialgerichtsbarkeit in Deutschland voll und ganz abzuschaffen. Jetzt haben wir ein halb gares Gesetz Hartz IV, dazu halb gare Ausführungsverordnungen – und gleichzeitig wollen die Christdemokraten auch noch den letzten Weg abschneiden, den die Bürger haben, nämlich beim Sozialgericht gegen erfahrenes Unrecht zu klagen. Eine unglaubliche Entwicklung.
Kann man gar nichts ändern?
Porsch: Ich glaube, man kann alles ändern, wenn man es möchte. Ich habe zu einer öffentlichen Debatte aufgerufen, und es ist aus der Richtung SPD nichts gekommen. Das bedauere ich sehr. Dann hätten wir nämlich miteinander überlegen können, wie man unsere Wut auf Milbradt in eine produktive Politik verwandelt. Ich glaube nicht, dass Hartz IV die Wahl in Sachsen entscheidet, sondern der Umgang mit den Sorgen und Nöten der Menschen. Wir sollten um jeden Euro feilschen, ums Kindersparbuch, um den Partneranteil, den Vermögensanteil pro Lebensjahr. Dennoch kann das nicht das alleinige Ziel sein. Ich habe ein ganz anderes Problem mit Hartz. Das Gleichstellen von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe, was möglicherweise aus der Sicht der Sozialhilfeempfänger durchaus akzeptabel sein kann, ist ein massives Signal dafür, dass wir überhaupt nicht mehr wissen, wie wir mit dem Problem der Arbeitslosigkeit fertig werden. Wir fragen nur noch, wie wir diejenigen alimentieren, die wahrscheinlich nie wieder in Arbeit kommen werden. Ich fürchte, dass sich Menschen daran gewöhnen, alimentiert zu werden und ohne eigenen Beitrag in der Wertschöpfung ihre soziale Existenz abgesichert zu bekommen. Dann aber sind sie ausgeschlossen aus allen sozialen Beziehungen. Wer keine Arbeit hat, wird entsozialisiert und zur Manövriermasse. Und wer dann bei Wahlen 40 Euro mehr verspricht, wird vielleicht gewählt, und jeder dahergelaufene Faschist kann es ausnutzen. Aus diesem Grund muss Politik eine produktive Alternative von Wirtschaft werden. Wir müssen wieder darüber nachdenken, wie erarbeitete Ressourcen durch Verteilen so eingesetzt werden, dass Arbeit entsteht und finanziert wird – auch Arbeit, die aus der Sicht des Betriebswirtschaftlers nicht produktiv ist, aus der Sicht des Sozialstaates und der Nationalökonomie aber durchaus, weil sie Menschlichkeit für alle Menschen sichert.
Herr Lucassen, die Demonstranten sagen, Hartz muss weg. Sind die Menschen auf der Straße klüger als die Politiker?
Lucassen: Man kann nicht einfach sagen, Hartz IV muss weg und dann wird alles gut. Daran glaube ich nicht. Nachgebessert werden muss – und zwar an entscheidenden Punkten. Es geht tatsächlich darum, wie Peter Porsch es gesagt hat, wie wir an neue Arbeitsplätze kommen, und darum, wie Arbeit in Deutschland verteilt wird. Es gibt ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die für mehr Arbeit sorgen könnten. Die Forderungen der Gewerkschaft nach einer Arbeitszeitverkürzung sind radikal niedergebügelt worden, man denke an den Eklat mit der 35-Stunden-Woche im Osten. Mir macht keiner weis, dass eine Arbeitszeitverlängerung mehr Arbeitsplätze bringt. Letztendlich bringt nur Arbeitszeitverkürzung auch Arbeit für diejenigen, die draußen stehen. Und dann müssen wir jene in die Verantwortung nehmen, die Arbeit schaffen können. Die Politik kann das nicht. Warum schaffen Unternehmer so wenig Arbeits- und Ausbildungsplätze? Warum werden freie Arbeitsplätze ganz bewusst zurückgehalten?
Diese Fragen des DGB-Landeschefs reichen wir an den Unternehmer weiter: Herr Nolle, Sie sagen, wir haben es mit einem West-Hartz zu tun. Wie sähe Ost-Hartz aus?
Nolle: Ich habe vom West-Hartz gesprochen, weil die bisherige Bundespolitik meiner Einschätzung nach stark westzentrierte Politik ist. Diejenigen, die in Berlin mehrheitlich Politik machen – und von dieser Entwicklung ist inzwischen leider auch das Denken mancher ostdeutscher Abgeordneter betroffen – verstehen bis heute nicht genügend davon, was eigentlich die Menschen hier bewegt. Deswegen stehen sie auch mit staunenden Augen vor den Montagsdemonstrationen. Ich bin erst seit 1989 hier. Aber ich glaube, dass ich als Unternehmer und Wirtschaftspolitiker sehr genau weiß, dass wir hier etwas ganz anderes brauchen. Wir hatten unter Kohl kein strategisches Konzept für den Aufbau Ost. Millionen von Arbeitsplätzen der DDR ersatzlos abzuschaffen, die Leute nach Hause zu schicken und sie für Nichtarbeit und Nichtwertschöpfung zu bezahlen, ist das irrste Konzept, was jemals wirtschaftspolitisch gemacht wurde. Dieser Mangel ist unter Rot-Grün im Prinzip nicht behoben worden. Wir haben nach wie vor keine selbsttragende Volkswirtschaft. Bei allen wesentlichen Wirtschaftsfaktoren herrscht Stillstand, Stagnation seit 1996. Und deswegen bestehe ich auch darauf, dass das Hauptproblem, vor dem wir stehen, nicht Hartz ist, sondern die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Entwicklung der ostdeutschen Wirtschaft. Thierse hat doch zu Recht gesagt: »Wer im Osten sparen will, muss in Arbeit investieren«.
Wie also müsste Ost-Hartz sein?
Nolle: Die Unternehmen werden nur investieren, wenn sie Erwartungen haben, dass sich ihr Unternehmen entwickelt. Nur wenn ein Unternehmer Umsatz und Gewinn erwartet, investiert er und stellt neue Leute ein, schafft neue Arbeitsplätze. Aber dazu brauchen wir Kaufkraft in der Gesellschaft, einen Wirtschaftskreislauf, wo die Leute Geld ausgeben und nicht das Geld zurückhalten. Und in Rezessionen braucht es staatliche Impulse, um die Konjunktur anzukurbeln. Den besten Beweis, dass die von den Neoliberalen verteufelte antizyklische Politik funktioniert, haben wir 2003 erlebt. Da ist das Wirtschaftswachstum Sachsens durch 2,3 Milliarden Euro Flutgelder angekurbelt worden. Das war das gesamte hochgelobte und gepriesene Wirtschaftswachstum in Sachsen. Also kann man doch Konjunktur beleben und Wachstum schaffen, indem man Geld in die Hand nimmt. Aber die Verteufelung konjunkturabhängiger Wirtschafts- und Finanzpolitik, zum Beispiel der Stimulanz von Nachfrage, reicht ja nicht nur in SPD und Gewerkschaften hinein, sondern bis in die PDS. Deren sächsische Haushaltsentwürfe, von denen Herr Porsch stolz berichtet hat, gehen schließlich auch davon aus, Schulden seien grundsätzlich etwas Böses. Das ist einfaches hausväterliches Denken. Der Kern ist doch, Investitionen müssen sich lohnen und rechnen.
Porsch: Herr Nolle müsste es wirklich besser wissen.Wir wollten nachweisen, dass man selbst mit dem Geld, das die Staatsregierung in die Hand zu nehmen bereit ist, Besseres, Sozialeres machen kann. Seit 14 Jahren werden nur die Leuchttürme gefördert und die leuchten eben nicht überall. Wir haben zugleich immer davon gesprochen, dass wir überhaupt kein Problem sehen, wenn man Bildung über Schulden finanziert. Das ist eben nicht Konsumtion der jetzigen Generation auf Kosten der folgenden. Alle guten Eltern geben ihr Letztes und machen noch Schulden für die Bildung der Kinder. Warum nicht auch das Land? Ich bin der Meinung, dass gerade der Staat die Verpflichtung hat, sich mit seiner Investitionstätigkeit antizyklisch zu verhalten. Aber es sind Milliarden in den Osten gepumpt worden – eher aus politischen als aus volkswirtschaftlichen Gründen – , die in die Konsumtion gegangen sind. Und nichts entstand, was die Nachhaltigkeit stützen könnte. Also müssen wir uns wieder unserer eigenen Stärken und Möglichkeiten besinnen. Wir sollten uns zusammensetzen – alle, die Kritik üben an der Politik dieser CDU-Staatsregierung. Wir sollten Bilanz ziehen: Was hat dieses Land an Ressourcen? An materiellen sicher sehr wenig, an kulturellen und geistigen sehr viel. Wir müssen danach fragen, wie es in Regionen wie der Lausitz oder dem Mittleren Erzgebirge weitergeht. Und nach Antworten suchen.
Lucassen: Das Angebot, sich zusammenzusetzen, um das Beste für dieses Land rauszuholen, kann ich nur unterstützen. Die Probleme in diesem Land – immer weniger Arbeitsplätze und immer mehr Pleiten – verlangen konzertierte Aktionen. Die Förderpolitik richtet sich nur auf wenige Highlights. Die Lausitz hingegen wird immer mehr zu einer vergessenen Region. Mich erreichen Anrufe von Betriebsräten aus der Schwarzen Pumpe, von Lautex, aus den Landmaschinen-Unternehmen oder vom Waggonbau Niesky. Überall gibt es die große Sorge, dass die derzeitige Politik der Sächsischen Staatsregierung nicht darauf aus ist, Arbeitsplätze zu schaffen oder Unternehmen zu stützen, sondern sie lässt sie sehenden Auges in die Pleite gehen. Da müssen wir gegensteuern. Wir sollten nach der Wahl gemeinsam schauen, wie wir eine vernünftige Politik machen können.
Also doch eine Volksfront, vor der der Kanzler gewarnt hat?
Lucassen: Es geht nicht um ideologische Schlachten, sondern darum, Arbeitsplätze zu schaffen. Dass die Unternehmer dies zurzeit nicht tun, liegt nicht nur daran, dass sie abwarten, ob der nächste Auftrag kommt. Ich vermisse in Sachsen bei der Masse der Unternehmer eine Personalplanung, mit der man der gegenwärtigen Situation entgegenwirken könnte. Bei der Ausbildungsplatzabgabe wäre ich für eine härtere Gangart. Wir haben in Sachsen 380000 Arbeitslose mit einer steigenden Tendenz der Langzeitarbeitslosigkeit. Für die müssen wir ganz konkret jetzt etwas tun – da helfen uns philosophische Ausflüge nicht weiter. Deshalb teile ich die Auffassung Biskys, der gesagt hat, wenn wir Hartz IV nicht verhindern können, müssen wir versuchen, es zu verbessern. Wir dürfen nicht in eine starre Verweigerungshaltung gehen und nur sagen, Hartz IV muss weg, wir machen die totale Opposition. Die 27000 Menschen, die allein in Dresden ab 1.1.2005 Arbeitslosengeld II beziehen werden, brauchen unsere Hilfe. 13500 Anträge sind verschickt worden, 480 sind erst zurück gekommen. Wenn wir jetzt nicht den Menschen sagen, stellt die Anträge, wird es einen Stau geben und die Arbeitsverwaltung wird nicht in der Lage sein, diese Anträge rechtzeitig zu bearbeiten. Und ab 1.1.2005 werden dann einige kein Geld bekommen.
Herr Nolle, Sie verweisen gern darauf, dass Ihr Herz auch als Unternehmer links schlägt. Andererseits stehen Unternehmer durch Hartz IV besser da als Arbeitslose. Ein Zwiespalt?
Nolle: Vielleicht ist es ein bisschen ungewöhnlich, aber verboten ist es nicht, dass ein Unternehmer auch ein Herz hat, das links schlägt. Ich jedenfalls würde mich schämen, jemals jemanden für einen Euro einzustellen. Diese Argumentation von den Ein-Euro-Jobs ist eine Sprach-Perversität, wie schon bei den Ich-AGs, die nicht mehr zu überbieten ist. Hier gehts doch um mehr als einen Euro, es geht um die Würde unserer Menschen. Ist das so schwierig zu verstehen? Es gibt ja leider auch in weiten Teilen Sachsens, besonders in der Lausitz und dem Erzgebirge, Bruttolöhne, die bei 2,50 Euro und 3 Euro liegen. Aber das Schlimme ist, dass das selbst manchen Erfindern von Hartz IV noch nicht reicht. Professor Sinn, der Chefberater von Sachsens Ministerpräsident Milbradt, hat uns hier sogar empfohlen, angesichts der Löhne in Polen, die sächsischen Löhne zu halbieren. Ich nehme an, dass der Professor Sinn dann den Vermietern empfehlen wird, die Mieten zu halbieren. Und die Einzelhändler auffordert, dass zukünftig Brot und Wurst auch nur noch die Hälfte kosten. Hier werden Konzepte formuliert, die in extremer Form zeigen, wo für manche Leute der Weg wirklich hingehen soll. Bedauerlich, ja beängstigend ist, dass die Politik damit Scheunentore für ganz andere Entwicklungen öffnet, mit unabsehbaren Folgen.
Fragen: Gabriele Oertel und Hendrik Lasch