Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 04.09.2004

Opa Karl und Onkel Georg

Was uns die Plakate und Losungen im Landtagswahlkampf sagen und verschweigen
 
In 15 Tagen wählen die Sachsen ihren neuen Landtag. Die Parteien buhlen hartnäckig um Herz, Hirn und Hand des Stimmvolkes. Was wollen sie uns eigentlich sagen?

Kleine Kinder, nackte Frauen und niedliche Tiere gehen immer. So lernt man es im Grundkurs „Wie verkaufe ich Botschaften, die eigentlich keiner hören will?“ Oder – noch komplizierter: „Wie verkaufe ich mich, ohne eine wirkliche Botschaft zu haben?“ Auch Wahlkampfdesigner haben das gelernt. Nur sind blanke Busen vielleicht etwas zu pikant und possierliche Tierchen etwas zu unpolitisch. Also Kinder.

Ein Politiker, der sich das Kreuzchen der Eltern wünscht, lässt deshalb gern die Kindlein um sich scharen. Das macht ihn sympathisch und liebvoll, so jemandem vertraut man doch gern die Zukunft an. Also hebt der hemdsärmelige SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle einen kleinen Jungen in die Höhe (Seinen Enkel?), lässt das Motiv auf eine Postkarte drucken und schreibt darunter: „Opa Karl“. Was für eine Botschaft! Was der Opa eigentlich im Schilde führt, erfährt man erst auf der Rückseite. „Ich setze mich für bessere Schulen ein.“ Immerhin eine Aussage.

Die vermisst man indes auf Georg Milbradts Plakaten. Er lächelt uns dieser Tage am Straßenrand zusammen mit einem kleinen Mädel zu. Zu einem gemeinsamen Foto hat es allerdings nicht gereicht. Der knuddelige Onkel Georg und das lustige Sachsenkind (CDU-Nachwuchs?) wurden zusammenmontiert. „Vertrauen in die Zukunft“, heißt der Slogan. Konkreter ging’s wohl nicht. Der Ministerpräsident hat gut grinsen, die Oppositionsführer gucken dagegen ernster drein. Thomas Jurk und Peter Porsch fuchteln auf ihren Plakaten allerdings ziemlich unmotiviert mit den Händen herum. Das soll wohl Tatkraft vermitteln, wirkt aber wie unbeholfene Tai-Chi-Übungen.

Das Problem: Es ist Wahlkampf, aber es gibt kein sächsisches Thema. Die CDU ist für einen „klaren Kurs“, die SPD will es „sachsengerecht“, die PDS „sozial, mit aller Kraft“. Wo bitte ist der Wähler, der nicht alle drei Versprechen gern umgesetzt sähe. „Denken, Lenken, Handeln“, heißt die Devise des CDU-Chefs. Das kann der SPD-Vorsitzende auch: „Zuhören, Verstehen, Bewegen.“ Das sind doch echte Alternativen. Zum Glück gibt es ja noch die kleinen, frechen Parteien: Die FDP verspottet politische Gegner, die im Landtag eingenickt sind, als „Schlafmützen“, die Grünen versuchen den „Abbauminister“ Rößler (CDU) auf Plakaten vorzuführen. Ganz witzig. Nur: die einen versprechen „Neue Kraft“, die anderen „Neue Energie“ für Sachsen. Und wo ist der Unterschied?

Immerhin: Wer nichts verspricht, braucht auch nichts halten. Vielleicht hängen deshalb die meisten Kandidaten nur ihre Köpfe und Namen in die Straßen. Wobei sie jedoch wissen sollten: Nicht jedes Gesicht verführt dazu, den damit verbundenen Namen anzukreuzen.
(Von Heinrich Löbbers und Kathleen Trautmann)