Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 05.10.2004

Parteien wollen NPD im Landtag Kontra geben

 
Dresden. Der Schock vom Wahlabend saß tief. Als NPD-Vorkämpfer Holger Apfel vor laufenden Kameras den Erfolg der Rechtsextremen an den Urnen mit ein paar Beschimpfungen Richtung "asoziale" Politik garnierte, ließen ihn die Vertreter der anderen Parteien stehen. Keine Debatte auf diesem Niveau lautete die spontane Botschaft, Parolen seien keine Politik. Mittlerweile aber haben sich die Parteien neu sortiert, schließlich naht die erste Plenartagung in genau zwei Wochen - und zwölf NPD-Vertreter sitzen dann im Landtag.

Die Lesart der anderen Parteien zum Umgang mit der NPD steht weitgehend fest. Ob CDU, SPD oder PDS, ob Grüne oder Liberale - alle halten wenig von bloßem Ausgrenzen der braunen Abgeordneten. Offensive Auseinandersetzung lautet die Devise, Kontra geben statt ignorieren. So baut etwa CDU-Fraktionschef Fritz Hähle auf einen "Konsens der Demokraten". Zwar wolle die Union die NPD-Vertreter im Landtag nicht aufwerten, aber von Fall zu Fall müsse man "kräftig widersprechen".

Ähnlich sieht es der Koalitionspartner SPD. Um der inhaltlichen Leere bei NPD-Reden zu entgehen, könne man ja ein gutes Buch lesen, meinte Fraktionssprecher Andreas Beese. Bei rassistischen oder volksverhetzenden Äußerungen allerdings würden die Sozialdemokraten Kontra geben. "Wir werden aber aus Plenarsitzungen keine Wandertage machen und jedes Mal rauslaufen, wenn Rechtsextreme sprechen", so Beese.

So halten es auch die Liberalen. "Wir dürfen nicht in Rituale verfallen und regelmäßig den Saal verlassen", sagte Torsten Herbst, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion. "Sonst würden wir die noch zu Märtyrern machen."

Da es einen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Demokraten und Feinden der Demokratie gebe, werde es "keinerlei Zusammenarbeit mit der NPD geben", sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau. "Rassistischen, fremdenfeindlichen oder antisemitischen Ausfällen werden wir deutlich entgegentreten."

Für ein simples Ignorieren der NPD ist es auch PDS-Fraktionschef Peter Porsch zu spät. "Wir müssen jetzt die Auseinandersetzung in aller Schärfe führen", so Porsch. "Einen Zwischenruf sind die mir nicht wert." Ziel sei es, die Parolen der NPD zu entlarven und den Wählern eine Perspektive aufzuzeigen. Porsch: "Ich bin jedenfalls nicht gewählt, um davonzulaufen."

Im Parlamentsalltag hat der Erfolg der Rechtsradikalen darüber hinaus einige Folgen. So werden die NPD-Abgeordneten wohl reguläre Sitze in den Ausschüssen erhalten und sogar einen Vorsitzposten. Ob die NPD auch in die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) kommt, die den Verfassungsschutz kontrolliert, ist vorerst fraglich. Grund: Die PDS beansprucht beide Oppositionssitze im Fünfergremium für sich - für die NPD wäre kein Platz. Das Ganze hat nur einen Haken:Die NPD könnte dagegen klagen, und offen ist, ob sie Recht bekommt.

Ohnehin genießen gewählte NPD-Funktionäre künftig Immunität, die nur der Landtagspräsident aufheben kann - und deren Fraktion erhält nicht wenig Geld. Rund 118.500 Euro fließen jeden Monat in die NPD-Fraktionskasse, für Verwaltungsaufwand und Mitarbeitergehälter. Hinzu kommen die Abgeordneten-Diäten sowie 27.000 Euro für die Wahlkreisarbeit. Selbst die Begleitung von Besuchergruppen könnte von braunen Parlamentariern übernommen werden.
(Sven Heitkamp und Jürgen Kochinke)