Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 07.10.2004

PDS-Politiker fechten eigene Wahlliste an

 
Dresden. Mit heftigen Attacken auf die Parteiführung wollen zwei PDS-Politiker die Landtagswahl vom 19. September anfechten. Die Landesliste der PDS sei bei einem Parteitag im Mai undemokratisch zustande gekommen, sagten gestern die parteilose Dresdner Stadtverordnete Barbara Lässig und Ex-Flottillenadmiral Elmar Schmähling. Bei der Kür seien die Bewerber, die nicht vom Landesvorstand für die vorderen 40 Listenplätze vorgeschlagen worden, benachteiligt worden. So kam Lässig auf den aussichtslosen Platz 41, hatte aber für den sicheren Platz 15 kandidiert. "Ich konnte mich erst 23 Uhr vorstellen, als schon einige Delegierten gegangen waren, weil kein Bus mehr fuhr", so Lässig. Wenn ihr Einspruch beim Landtag scheitert, wollen Lässig und Schmähling vor das Verfassungsgericht ziehen. Das Hamburger Verfassungsgericht hatte 1993 wegen ähnlicher Verstöße in der hanseatischen CDU die Bürgerschaftswahl annulliert.

Schon während des Dresdner PDS-Parteitages war das Wort von der "Betonliste" umgegangen: Der Vorschlag der Parteispitze galt als unumstößlich, da er nur mit mehr als 50 Prozent der 300 Delegiertenstimmen zu verändern war. Tatsächlich wurde die Liste ohne Änderungen abgesegnet. Ihr Vorstoß richte sich aber nicht gegen die PDS, betonten Lässig und Schmähling, sondern gegen die "undemokratischen Machenschaften" und "Willkür" der Führung. Es herrsche seit Jahren Unruhe, gebe böse Briefe an die Führung und viele Austritte. "In der Partei ist der Teufel los", sagt Schmähling.

Als Beispiel gilt der frühere Abgeordnete Ralf Eißler, der sich der Klage anschließen wollte, gestern Mittag davon aber Abstand nahm - nach einem Dutzend "beängstigender" Anrufe, so Eißler gegenüber unserer Zeitung. Er betreibt ein Soziokulturelles Zentrum in Meißen. Doch habe man ihm bedeutet, dass PDS-Abgeordnete als Mieter ausziehen könnten. Er sei sehr enttäuscht von einzelnen Führungspersonen, die Fraktion habe ihn "ausgekotzt", so Eißler, der im Mai aus der PDS ausgetreten war.

Die Parteispitze weist die Vorwürfe jedoch zurück. Das Wahlverfahren sei demokratisch korrekt gelaufen, sagt Landesgeschäftsführer Rico Gebhardt. Die Landesliste sei von Landesvorstand und Landesrat bestätigt, das Wahlverfahren von Delegierten abgesegnet und die Chance zu einer erneuten Wahl und zum Einspruch nicht genutzt worden. "Aber im Bus können nicht alle vorne sitzen", so Gebhardt. Auf einer Parteikonferenz am 16. Oktober gebe es nun Gelegenheit, "Frust abzulassen".
Sven Heitkamp