Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 08.10.2004

"Volkskörper" und "Odin"

 
Dresden. Zwölf Abgeordnete der rechtsextremen NPD ziehen in den Landtag ein, und mit einigen hat sich der Verfassungsschutz beschäftigt. Ihre Parolen im Wahlkampf liefen auf Sozialprotest hinaus, nicht selten aber schwingt rechtsextremes Formelwerk mit.

Der zukünftige NPD-Fraktionschef Holger Apfel stammt aus Hildesheim und macht gern gegen "Großkonzerne" Front. Er ist 33 Jahre alt, NPD-Bundesvize und Chefredakteur der "Deutschen Stimme". Bisher saß er im Dresdner Stadtrat für das "Nationale Bündnis". Gleich auf der konstituierenden Sitzung forderte er dort die Abschaffung des Ausländerbeirats - ein Vorgeschmack auf sein Agieren im Landtag. Laut Verfassungsschutz hat er auch schon härtere Töne angeschlagen, wie die Forderung nach einem Deutschland "von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt".

Zweiter im Bunde ist Winfried Petzold, der Vorsitzende der sächsischen NPD. Der 61-Jährige aus Mutzschen firmiert als Kaufmann. Offiziell wettert er gegen "ausländische Arbeitnehmer". Dabei wurde der Ex-Republikaner selbst nicht immer allen NPD-Vorgaben gerecht. "Die Verharmlosung von Eigentumsdelikten muss ein Ende gesetzt werden", heißt es im NPD-Wahlprogramm. Petzold aber wurde Anfang 2004 als Ladendieb aktenkundig. Es ging um ein Elektro-Kleinteil, das Verfahren wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Der gelernte Arzt Johannes Müller ist 1998 in die NPD eingetreten. In Sebnitz sitzt der 35-Jährige, der für eine "raumorientierte Volkswirtschaft" plädiert, im Stadtrat.

Gitta Schüßler aus Limbach-Oberfrohna ist die einzige NPD-Frau im Landtag. Die 42-jährige Bürokauffrau warnt vor dem "mittelfristigen Volkstod der Deutschen". Deshalb solle es 500 Euro Kindergeld geben - nur "für jedes deutsche Kind".

Ähnlich sieht es Klaus Baier aus Annaberg-Buchholz. Dem 44-jährigen Krankenpfleger liegt die "Heimatverwurzelung junger Deutscher" am Herzen, er plädiert für ein härteres Vorgehen gegen Jugendkriminalität. Sein Credo: "Problemkinder" sollten in "Schwererziehbaren-Einrichtungen" eingeliefert werden.

Auch der 38-jährige Mirko Schmidt will das Nationale stärken. Dem Sozialabbau will er "den Kampf" ansagen - "dies dürfen wir Deutschen uns nicht länger gefallen lassen." Der gelernte Anlagentechniker ist NPD-Stadtrat in Meißen. Vor allem für die rechte Jugend macht sich Alexander Delle stark. "Jugendzentren für nationale Deutsche müssen stärker unterstützt werden", meint der 30-jährige Verlagsangestellte in Riesa. Delle sitzt im NPD-Bundesvorstand.

Sachsenweit bekannt ist der 37-jährige Fahrlehrer Uwe Leichsenring aus Königstein. Offiziell setzt sich der Stadtrat für eine Politik ein, die "wieder dem Volke" dient. Laut Staatsschutz unterhielt er aber enge Kontakte zur inzwischen verbotenen SSS. Zitat Leichsenring: "Der Kampf geht solange weiter, bis man mich mit den Füßen zuerst wegträgt. Vielleicht würde ich auch zum Frisör gehen und bei meinen Freunden von Skinheads Sächsische Schweiz um Aufnahme bitten."

Zu den älteren NPD-Vertretern gehört Klaus-Jürgen Menzel. Der landwirtschaftliche Berater ist 64 und bezieht sich schon mal auf "unsere Wehrmacht" bis 1945, An der zeige sich, "dass wir noch echte Kinder Odins sind".

Der gelernte Schriftsetzer Jürgen Schön ist sächsisches NPD-Mitglied der ersten Stunde. Der 55-Jährige hat die Partei für Ex-SED-Mitglieder geöffnet, ist Bundesvize.

Eine aufstrebende Kraft dagegen ist Matthias Paul. Der 27-Jährige ist NPD-Kreisvize in Meißen/Radebeul. Nebenbei fungiert er als Pressesprecher des Landesverbands.

Jürgen Gansel ist 30 Jahre alt und Redakteur in Riesa unter Apfel. Vor rund vier Jahren musste er eine Burschenschaft im Hessischen verlassen. Zuvor war aus seinem Luftgewehr auf einen Hausmeister geschossen worden, der sich über Heil-Hitler-Rufe beschwert hatte. Gansel ist ein beinharter Rechtsintellektueller. In der August-Ausgabe der "Deutschen Stimme" macht er Front gegen den jüdischen Philosophen Theodor W. Adorno. Dessen Theorie sei ein "Giftfraß, der die inneren Organe und das Gehirn des deutschen Volkskörpers angreifen sollte". Daraus spreche der "Gemeinschaftshass des entwurzelten jüdischen Intellektuellen".
Jürgen Kochinke