Karl Nolle, MdL
DNN, 09.01.2001
PDS: "Wir suchen niemanden mehr"
SPD-Spitzenmann will auf Berghofer zugehen
DRESDEN. Deutlicher als bisher hat sich die Spitze der PDS gestern für Wolfgang Berghofer ausgesprochen. "Wir suchen niemanden mehr", sagte Parteichef Michael Schrader nach einem Treffen mit der Bürgerinitiative "OB für Dresden". Man gehe derzeit davon aus, dass Wolfgang Berghofer, letzter Oberbürgermeister mit SED-Parteibuch, am 10. Juni antritt und dass die PDS ihn unterstützt. "Wenn die Bürgerinitiative doch noch jemanden findet - gut, dann reden wir darüber", sagte Schrader.
Die Bürgerinitiative war gestern mit einem anderen Eindruck von der Zusammenkunft in der Neustadt-Kultkneipe Planwirtschaft gekommen. Die PDS sehe schon, dass Berghofer ihr eine Menge Probleme bereiten würde, sagte ihr Sprecher Werner Becker. Man habe über mehrere Namen gesprochen. Ja, sagte Schrader - aber nicht als Kandidaten.
Die Bürgerinitiative will sich zuvor auf einen ersten konkreten OB-Vorschlag geeinigt haben. Dieser Kandidat, der ein neuer, bislang noch nicht genannter sein soll, sei verwaltungserfahren, medienwirksam und nicht unbekannt. "Die Lichtgestalt wird niemals auftreten", sagte Becker - alle Kandidaten hätten Schwächen. Mittwoch will die Initiative mit SPD und Grünen sprechen. Dass die PDS am Anfang stand, sei Zufall gewesen.
Während dessen machte sich bei der SPD in vielen Telefonaten und Internet-Diskussionen Unmut über Landeschefin Constanze Krehl breit. Die hatte, offenbar ohne vorher mit den örtlichen Chefs Marlies Volkmer und René Vits gesprochen zu haben, Berghofer als parteiübergreifenden Kandidaten für "vorstellbar" gehalten. Klare Ablehnung kam vom Parteinachwuchs, den Jusos. Einzelne Mitglieder sagten, ihnen sei in der SPD kein einziger Berghofer-Befürworter bekannt.
Stadtausschuss-Chef Vits berichtete von anderen Erfahrungen. Gut ein Viertel der E-mails und Anrufe, die ihn erreicht hätten, seien für eine Diskussion des Themas zumindest offen. Vits will nun diese oder nächste Woche auf Berghofer zugehen: "Ich sehe mich von den Mitgliedern verpflichtet, mit ihm Kontakt aufzunehmen."
(Stefan Alberti)