Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 30.10.2004

Zoff in abendlicher Sitzung: Koalitionäre stritten ums Geld

 
Dresden. Am Donnerstag kurz nach 21 Uhr hatten die Unterhändler von CDU und SPD die Nase voll. Nach Auszeiten und heftigen Debatten standen sie von ihren Plätzen in der Staatskanzlei auf und gingen verärgert in die Nacht. Abermals, wie schon beim Reizthema Bildung, stand die Koalition auf der Kippe. Grund für die neuerliche Krise in den Verhandlungen war die Gretchenfrage der künftigen schwarz-roten Regierung: Wie hältst du's mit der Neuverschuldung?

Für Ministerpräsident Georg Milbradt und seine CDU ist ein weiterer Abbau der Schulden eine Heilige Kuh, die möglichst auch nicht auf dem Altar der Koalition geschlachtet werden sollte. Für die SPD um Fraktionschef Thomas Jurk sind Investitionen etwa in Kitas, Schulen und die Mittelstandsförderung wichtiger - zur Not auch auf Kosten höherer Kredite. Doch keine Seite will zuerst Zahlen auf den Tisch legen, um nicht als Buhmann dazustehen. Koalitionspoker vom Feinsten.

Gestern versuchten beide Seiten dennoch wieder zu einem Kompromiss zu kommen. Nach mehreren Auszeiten und einem Vier-Augen-Gespräch zwischen Milbradt und Jurk war es dann geschafft. Es blieb dabei, dass es eine höhere Neuverschuldung als bislang geplant geben wird. Der jetzt vereinbarte Zuschlag liegt pro Jahr im dreistelligen Millionenbereich. Zum Vergleich: 2004 nimmt Sachsen etwa 384 Millionen Euro neue Schulden auf. Für 2005 waren bisher noch 200 Millionen Euro und für 2006 noch 100 Millionen Euro geplant.

Strittig ist auch, ab wann der Freistaat gar keine neuen Schulden mehr aufnehmen muss. In der Mittelfristigen Finanzplanung war zuletzt vorgesehen, die Neuverschuldung bis 2007 auf nur noch zehn Millionen Euro zurückzufahren. Nun ist ein Zeitfenster bis zum Ende der Wahlperiode 2009 im Gespräch.

Nachdem sich der Streit um Haushalt und Finanzen so lange hingezogen hatte, blieb unklar, ob die Frage der künftigen Ressortzuschnitte noch in der Nacht diskutiert werden konnten.

Die Koalitionsgespräche sollen dennoch am Dienstag abgeschlossen werden. Der weitere Zeitplan sieht vor, am Mittwoch (3. November) die Fraktionen und die Öffentlichkeit zu informieren, am Sonnabend (6. November) die Sonderparteitage von CDU und SPD darüber abstimmen zu lassen und am Mittwoch übernächster Woche (10. November) die neue Regierung zu vereidigen. Dazwischen dürfte es Vier-Augen-Gespräche zwischen Milbradt und Jurk über die Ministeriums-Verteilung gehen. Die Namen der Minister sollen aber erst kurz zuvor genannt werden.
Sven Heitkamp