Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 04.11.2004
Kröten der Koalition
Kommentar von Gunnar Saft
Auch in Sachsen bleibt dem Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD das für solche Papiere typische Schicksal nicht erspart. Nach außen feiern sich beide Parteien als Sieger, während in den eigenen Lagern darüber gegiftet wird, dass dem Koalitionspartner zu vieles und natürlich auch das Falsche zugestanden worden ist.
Mit etwas Abstand werden die Kritiker aber erkennen müssen, dass die erstrittenen Vereinbarungen für beide Seiten Vorteile haben. So kann die SPD in dem Regierungsprogramm mehr Duftmarken setzen, als sie angesichts ihrer 9,8 Prozent Wählerstimmen hätte beanspruchen dürfen. In Kernbereichen – Wirtschaft und Bildung vor allem – soll es politische Änderungen geben, die sich richtig gut als Erfolg verkaufen lassen. Wer darin im CDU-Lager aber empört einen unverhältnismäßig großen SPD-Erfolg sieht, sollte genauer hinschauen: Viele der Zugeständnisse entpuppen sich als Kosmetik oder als Dinge, die ohnehin getan werden müssen. Beispiel: Mehr Grundschullehrer fürs Land. Und dass die CDU mit dem Verzicht auf ein Schlüsselressort wie das für Wirtschaft eine Kröte schlucken musste, stand von Anfang an fest.
Wenn also einer etwas zu verlieren hat, dann sind es Sachsens Bürger – immerhin werden die Kompromisse mit einer höheren Verschuldung bezahlt. Zudem: Koalitionen haben oft den großen Nachteil, dass es im Wesentlichen weitergeht wie bisher. Nur langsamer.