Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa/sn, 13:59 Uhr, 06.11.2004

Schwarz-Rot in Sachsen: Union stimmt notgedrungen für Macht-Teilung

 
Dresden (dpa/sn) - Die Stimme von Sachsens CDU-Parteichef und Ministerpräsident Georg Milbradt wurde am Samstag auf dem Dresdner Sonderparteitag der Union immer heiserer. Die Diskussion um die Schlappe bei der Landtagswahl am 19. September fiel am Ende jedoch aus. Auch der Widerstand gegen den Koalitionsvertrag mit der SPD hielt sich in Grenzen. Nach reichlich zwei Stunden hatten die Christdemokraten notgedrungen ein Dokument abgesegnet, dass ihre bislang uneingeschränkte Machtfülle beschneidet. Erstmals dürfen im Freistaat andere mitregieren.

Im Vorfeld des Parteitages war spekuliert worden, dass die «Jungen Wilden» in der CDU und die Anhänger von Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf zum Angriff auf Milbradt blasen könnten. Den früheren Finanzminister hatte Biedenkopf einst als «miserablen Politiker» bezeichnet und Anfang 2001 aus seinem Kabinett entfernt. Den späteren Aufstieg Milbradts zum Partei- und Regierungschef konnte «König Kurt» aber nicht bremsen.

Zuletzt hatten sich jedoch Zweifel an der Führungsstärke von Milbradt gemehrt. Besorgte Parteifreunde aus der Kleinstadt Großenhain brachten es auf den Punkt: Dem Ministerpräsidenten sei es im Wahlkampf nicht gelungen, die «Herzen der Menschen zu erreichen», schrieben sie in einem Brief an ihren Kreisverband und stellten gleich noch die Frage, ob «es mit dem derzeitigen Parteivorsitzenden von Zukunft gelingen kann, Wahlen zu gewinnen».

Auch sieben Wochen nach dem Debakel mit 15,8 Prozentpunkten Stimmenverlust war Milbradt die Anspannung anzumerken. Knapp eine Stunde redete er auf seine Parteifreunde ein, appellierte an die Einheit der CDU und warnte davor, «unnötig Porzellan zu zerschlagen». Den ausgehandelten Vertrag verteidigte er wortreich, vor allem die Passage um die Aufteilung der Ministerien - für viele CDU-Mitglieder der Knackpunkt. Dass Milbradt im Vier-Augen-Gespräch mit SPD-Chef Thomas Jurk auf die Ressorts Wirtschaft sowie Wissenschaft und Kunst verzichtet hatte, empfanden nicht wenige als besondere Kränkung.

Die unter Punkt 5 der Tagesordnung anberaumte Debatte wurde aber dann doch nicht zur Generalaussprache, sondern verkam zur Klamotte. Der für verbale Ausfälle bekannte Ex-Parlamentarier Volker Schimpff ärgerte sich darüber, dass die CDU im Wahlkampf das Geiseldrama von Beslan nicht thematisiert habe. Damals hätten die Bürger mit einem Plakat nach dem Motto «Bei uns in Sachsen werden Geiselnehmer erschossen» beruhigt werden müssen. Das sei doch schließlich «Kern sächsischer Sicherheitspolitik». Justizminister Thomas de Maizière stellte daraufhin klar, dass im Freistaat auch künftig alles mit rechten Dingen zugeht.
von Jörg Schurig
dpa su yysn cs
061359 Nov 04