Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung online, 06.11.2004

Erste CDU-SPD-Koalition ist abgesegnet

Parteitage von CDU und SPD stimmen Vertragswerk zu
 
Der ersten Koalitionsregierung in Sachsen steht nichts mehr im Wege. Auf getrennten Parteitagen in Dresden stimmten CDU und SPD der ausgehandelten Vereinbarung mit jeweils großer Mehrheit zu.

Dresden - Bei der CDU votierten 213 Delegierte für den Koalitionsvertrag. Sechs waren dagegen, sieben enthielten sich. Bei den Sozialdemokraten, die jetzt erstmals seit der Wende im Freistaat mitregieren können, fiel die Entscheidung noch deutlicher aus. Dort gab es bei 134 Ja-Stimmen und einer Enthaltung keine einzige Gegenstimme.

Der Vertrag soll nun am Montag unterzeichnet werden. Die Wiederwahl von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) ist für Mittwoch vorgesehen, am Tag darauf sollen die Minister vereidigt werden. Bei der Landtagswahl am 19. September hatte die CDU ihre absolute Mehrheit verloren (41,1 Prozent). Die Sozialdemokraten erzielten mit 9,8 Prozent zwar das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Trotzdem werden sie mit zwei Ministerposten im Kabinett vertreten sein.

Sachsen-CDU sucht Geschlossenheit

Auf dem CDU-Parteitag mahnte Landeschef Milbradt Geschlossenheit an. Er warnte davor, bei der Diskussion um die Wahlschlappe „unnötig Porzellan zu zerschlagen“. Die Partei müsse aus ihrer Lethargie befreit werden und „den Traum von den bayerischen Verhältnissen austräumen“. Der Regierungschef verteidigte den mit der SPD ausgehandelten Vertrag gegen Kritik aus den eigenen Reihen. Zur Entscheidung, die beiden Ministerien Wirtschaft sowie Wissenschaft und Kunst an die Sozialdemokraten abzutreten, habe es keine Alternative gegeben.

SPD-Chef Thomas Jurk verwies auf die „historische Chance“, mit der Regierungsbeteiligung an die einstige Erfolgsgeschichte der Sozialdemokratie in Sachsen anzuknüpfen. Die SPD habe die Koalitionsgespräche und damit eine große Bewährungsprobe gut bestanden. Jetzt beginne die praktische Arbeit. „Unser Ziel ist nicht der kleinste politische Nenner, wir wollen Akzente setzen.“ Jurk wird als künftiger Wirtschaftsminister gehandelt.

Müntefering: Gleichwertige Lebensverhältnisse hochhalten

Der SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering sprach sich auf dem Parteitag für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland aus. Die SPD müsse diese Idee hochhalten, wobei Gleichwertigkeit nicht Gleichheit sei. Vielmehr sollte der Politik bewusst sein, welche Chancen sich für die Regionen eröffnen - im Westen nicht anders als im Osten.

Biedenkopf: Endlich wieder Normalität

Mit einer Koalitionsregierung kehre Normalität in die sächsische Politik ein, sagte Alt-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) der „Sächsischen Zeitung am Sonntag“: „CDU und SPD haben entschieden, miteinander verhandeln und regieren zu wollen. Das halte ich für richtig.“

Das Interview mit Kurt Biedenkopf sowie ausführliche Berichterstattung über die Sonderparteitage lesen Sie in der „Sächsischen Zeitung am Sonntag“. (dpa/SZ)