Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 16.11.2004
Sächsische Erneuerung
Kommentar von Andreas Novak
Es mutet wie ein Witz an. Die SPD-Fraktion kommt nach 14 Jahren von der sächsischen Oppositionsbank an den Koalitionstisch und leitet prompt den Generationenwechsel ein: Fraktionschef wird ein 71-Jähriger, der älteste Abgeordnete des Landtages.
Die Personalentscheidung zeigt nur eines: dass die SPD von ihrem „Wahlerfolg“, nämlich weniger abzurutschen als die CDU, vollkommen überrascht worden ist. Also hat man die überfällige Debatte um den Nachfolger des Parteichefs Thomas Jurk an der Fraktionsspitze einfach aufgeschoben.
Kein Zweifel, dass Cornelius Weiss sein Amt ausfüllen kann. Seine Kompetenz ist parteiübergreifend anerkannt. Dass ihm die Fraktion zwei Jahre auf der Nase herumtanzen wird, ist ausgeschlossen. Auch, weil Weiss als verlängerter Arm Jurks gilt. Der hat sich jetzt erst einmal Ruhe vor einem womöglich nach vorn drängenden Fraktionschef verschafft.
Aber der Preis ist hoch: Dass erfahrene Abgeordnete, die noch nicht das Rentenalter erreicht haben, einfach aus taktischen Erwägungen heraus ausgebremst werden, ist schlichtweg peinlich. Dass sich Weiss dazu hergegeben musste, ist nur mit Nibelungentreue gegenüber Jurk zu erklären.
Und ob die neue Personalie Ruhe in die Fraktion einkehren lässt, darf bezweifelt werden: Jeder Abgeordnete, der auf den Vorsitz schielt, hat jetzt zwei Jahre Zeit, sich nach oben zu boxen.