Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 26.11.2004
Karl Nolle: Ich zeige keine Minister mehr an
Mit einem Kompromiss hat der Koalitionspartner SPD ein äußerst heikles Personalproblem gelöst.
Seit der Landtagswahl schleppt die SPD-Fraktion, deren 13 Mitglieder überraschend aus dem Oppositions- ins Regierungslager wechseln durften, ein heikles Personalproblem mit sich herum. Es heißt Karl Nolle, und bis gestern wusste niemand von den sozialdemokratischen Spitzenfunktionären, ob es jemals gelöst werden könnte.
Der schwergewichtige Abgeordnete Nolle, der seit Jahren medienwirksam vermeintliche und tatsächliche Missstände im Freistaat und damit vorrangig die bisher allein regierenden Christdemokraten attackiert, gilt nämlich gegenüber dem neuen Koalitionspartner CDU als „schwer vermittelbar“. Und als Nolle auch noch selbstbewusst ankündigte, er wolle das Erbe des in ein Ministeramt gewechselten Ex-SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Jurk antreten, sahen die neuen Bündnispartner SPD und CDU gar ihren eben erst ausgehandelten Burgfrieden in Gefahr.
Diese wurde vor zehn Tagen gebannt, als Nolle bei der Kür des neuen Fraktionschefs in drei Wahlgängen auf jeweils nur zwei von 13 Stimmen kam. Danach zeigte er seinen Genossen jedoch die kalte Schulter. Trotz heftigen Drängens wollte der einzige Unternehmer in der SPD-Fraktion nun partout nicht wieder die Rolle als wirtschaftspolitischer Sprecher übernehmen. Neben den Frust über die gescheiterte Kandidatur trat die Aussicht auf einen Maulkorb, der dem widerspenstigen Sozi dank neuer Koalitionspflichten in dem Amt droht.
Gestern gelang der SPD-Fraktion aber die vorläufige Zähmung Nolles. So willigte der nicht nur in den Sprecherposten ein, sondern versprach auch mehr Zurückhaltung. „Ich werde keine Minister mehr anzeigen. Das müssen nun andere tun“, so Nolle zur SZ, ohne Gründe für seinen Sinneswandel zu nennen. Einer dürfte sein, dass man ihm fraktionsintern bereits mit Simone Raatz als Ersatzfrau gedroht hatte. Nolle wäre dann als einziger SPD-Abgeordneter ohne eigenes Amt geblieben. Doch ganz will der alte und neue Wirtschaftssprecher dann doch nicht von seiner Mission lassen. Per Anfragen im Landtag will er weiter Missstände anprangern oder mit Hilfe neuer Untersuchungsausschüsse aufdecken. Nolle trotzig: Die SPD sei schließlich „noch kein Anhängsel der CDU“.
(Anmerkung von Karl Nolle: Hier ist vieles richtig, manches falsch dargestellt, aber mein Name ist immer richtig geschrieben.)
So ist dagegen das Gespräch mit Herrn Saft abgelaufen:
Herr Nolle, wie ist das mit dem Wirtschaftssprecher der Fraktion?
Ich habe mich mit Cornelius Weiß ausgesprochen. Das Ergebnis ist, ich habe mich entschieden, ich mache es.
Sind daran Bedingungen geknüpft worden?
Nein, wie denn, ganz im Gegenteil, ich wollte ja nicht mehr unter den vorhandenen Bedingungen..
Hat man Ihnen keinen Maulkorb umgehängt?
Mir kann man keinen Maulkorb umhängen, Zivilcourage ist nach wie vor nötig. Sie unterdrücken zu wollen, entspricht nicht meinem Charakter. Rechtverstöße von Amtsträgern, Selbstbedienung und Korruption werde ich weiter ansprechen und dazu die notwendige Öffentlichkeit schaffen.
Stellen Sie jetzt in der Koalition weiter Strafanzeigen gegen Minister?
Der größte Teil meiner Strafanzeigen kam aus der Biedenkopfära, die letzte richtet sich vor allem gegen Exminister Schommer und Staatssekretär Vehse wg. vorsätzlichem Fördermittelbetrug in Höhe von 21 Millionen Euro. Dazu ermittelt jetzt die EU. Diese Mißstände sind durch die Koalition nicht behoben. Wegen QMF brauche ich keinen Minister mehr anzuzeigen, das haben andere schon getan, das hat Minister Gillo mutig selber getan und die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits."