Karl Nolle, MdL

Börsen-Zeitung, 30.12.2004

Freistaatliche Sparkassen wollen Sachsen LB helfen

Nennenswerte Gegenleistungen gefordert
 
Wenn das kein Wort ist: "Über jede Summe zwischen 300 und 500 Mill. Euro Eigenkapitalstärkung wird man reden können", verlautet von freistaatlichen Sparkassen zur Unterstützung der unter Druck geratenen Landesbank Sachsen. Die einzige ostdeutsche Landesbank wird mit dem Wegfall der staatlichen Haftungsgarantien massive Schwierigkeiten bei der Refinanzierung bekommen. Denn anders als allen anderen, "A"-gerateten Landesbanken hat Standard & Poor's der Sachsen LB nur ein ungenügendes "BBB+"- Schattenrating zugesprochen. Um die nötigen Mittel für das künftige Geschäft zu sichern, könnten sächsische Sparkassen zusammen "1 Mrd. Euro und mehr" aufbringen, wird versichert - "wir werden die Landesbank nicht hängen lassen". Allerdings werde das Leipziger Institut "nichts kriegen, ohne auch was geben zu müssen".

Hintergrund der scheinbaren finanziellen Großzügigkeit ist die für Ostdeutschland typische Passivlastigkeit der Sparkassen. Angesichts des nach wie vor absolut dominanten Marktanteils bei Privatkundeneinlagen und der mauen wirtschaftlichen Lage, die sich in einer anhaltend niedrigen Kreditnachfrage niederschlägt, "schwimmen" die Ost-Institute im Geld. Diese Mittel werden bisher in Bundesobligationen, andere festverzinsliche Anlagen, Corporate Bonds oder in unterschiedliche Fondskonstruktionen investiert - wobei Fehlkalkulationen bei der Geldanlage in jüngster Zeit ebenso häufig für Sparkassen-Schieflagen verantwortlich waren wie notleidend gewordene Kredite.

"Brauchen adäquaten Ertrag"

Bedingung für die Mittelvergabe ist freilich, dass sich die Retailinstitute bei einem Landesbank-Engagement nicht schlechter stellen, als wenn sie derzeit Zinsen am Markt bekämen. "Wir brauchen einen adäquaten Ertrag", heißt es unter Verweis auf die Vorgaben der Sachsen-Finanzgruppe. In dem Verbund von 8 (der 18) freistaatlichen Sparkassen mit der Landesbank gilt das Ziel, bis 2007 eine Eigenkapitalrendite (vor Steuern) von 15 % zu erzielen. Zugleich betonen die Gesprächspartner, dass die ausreichende Verzinsung der Gelder für die Sachsen LB nicht nur von den Mitgliedsinstituten der Finanzgruppe gefordert wird, sondern auch von den noch außenstehenden Häusern.

Diese hätten sich jedoch genauso zur Hilfe für die Landesbank bekannt. Voraussetzung sei jedoch, dass die Leipziger künftig transparenter agierten und den Sparkassen "auf Augenhöhe" entgegenkämen. In dieser Forderung artikuliert sich die große Unzufriedenheit der Retailinstitute, die sich als Landesbank- Eigentümer allzu oft von deren Vorstand bevormundet sehen. Kein Wunder, wenn in diesem Kreis deshalb der Anspruch formuliert wird, künftig stärker im Verwaltungsrat vertreten zu sein.

Klumpenrisiko droht

In Einzelnen sei ein "bunter Strauß an Möglichkeiten" gegeben, wie der Landesbank geholfen werden könne. Freilich ist Eile geboten, da nach dem Wegfall der Gewährträgerhaftung Mitte 2005 die Konzentration sächsischer Gelder auf die Landesbank für die Sparkassen ein böses Klumpenrisiko wäre, gegen das die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einschreiten müsste. Dies vorausgesetzt könnten sowohl stille Einlagen als auch direkte Beteiligungen zur Stärkung des Eigenkapitals gezeichnet werden. Momentan fordere der Markt für langfristiges Nachrangkapital einen Aufschlag von 175 bis 200 Basispunkten auf die Standardrendite - "das ist aber eher die Untergrenze bei einem ,BBB+'-Institut". In der Folge müsste die Landesbank aktuell einen knapp 6-prozentigen Zins bieten - samt nachvollziehbarem Berechnungsschlüssel für die variable Verzinsung in den nächsten Jahren. Denn für ein positives Rating muss die Mittelvergabe unbefristet ausgestaltet sein.

Als Problem könnte sich erweisen, dass die Sachsen-Finanzgruppe nach KWG als Konzern behandelt wird. Dank dieser Konsolidierung dürfen Sparkassen-Gelder nicht ein zweites Mal als Landesbank-Eigenkapital angerechnet werden. Zur Stärkung der Refinanzierung könnten die Sparkassen ihre bisherigen festverzinslichen Papiere in Genussscheine oder Schuldverschreibungen tauschen, die die Landesbank zuvor emittiert hat. Festzuhalten bleibt, dass sich wichtige sächsische Sparkassen für eine Unterstützung ihrer Landesbank bereit zeigen - auch wenn viele Fragen momentan noch ungeklärt sind. Dass damit die Zukunft der Sachsen LB als eigenständiges Institut auf Dauer gesichert ist, wird gleichwohl angesichts der bundesweit zu beobachtenden Landesbanken-Konsolidierung bezweifelt.
Ulli Gericke, Berlin