Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 18.01.2005

SachsenLB wird zur Belastung für Koalition

 
Dresden. Die CDU/SPD-Koalition steht vor einer neuen Zerreißprobe. Nachdem es erst kürzlich beim Haushaltsentwurf für 2005/06 zu einigen Reibereien zwischen den Regierungspartnern gekommen ist, geht es nun um die Landesbank im Freistaat (SachsenLB). Schon morgen wird das Leipziger Institut Thema im Landtagsplenum sein, und die Koalitionsspitzen haben alle Hände voll zu tun, damit die Lage nicht eskaliert.

Hintergrund ist ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden (OLG) zur SachsenLB von Anfang vergangener Woche. Darin hatten die Richter angedeutet, dass die Institutsspitzen für den Prozess relevante Unterlagen manipuliert haben könnten. Die SachsenLB hat dies zwar bestritten, dennoch stehen heikle Vorwürfe im Raum - von Prozessbetrug bis Urkundenfälschung. Pikant wird das Ganze durch die Tatsache, dass gleich drei CDU-Spitzen als ehemalige oder noch amtierende Finanzminister für die Aufsicht zuständig sind: Regierungschef Georg Milbradt sowie die Ressortchefs Thomas de Maizière und Horst Metz.

Weiter aufgeladen wird diese Gemengelage durch den Versuch der NPD, aus dem Urteil politisches Kapital zu schlagen. So haben die Rechtsextremen einen dringlichen Antrag mit dem Tenor eingebracht, ein Untersuchungsausschuss möge Licht ins Dunkel bringen und die Ungereimtheiten klären. Damit, so der Hintergedanke der NPD, ließe sich nicht nur die CDU attackieren, auch die Koalition könnte ein wenig vorgeführt werden. Schließlich war es Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD), der als Oppositionsführer den Rücktritt von SachsenLB-Chef Michael Weiss gefordert hat.

Endgültig zum Politikum wird die Debatte um die SachsenLB aber durch einen anderen SPD-Mann: Karl Nolle. Der hat die Landesbanker schon länger im Visier, und auch jetzt - trotz Koalition - macht er klar Front. Finanzminister Metz solle Weiss und weitere Institutsspitzen "sofort suspendieren", lautet seine Forderung, "das Maß ist voll". Nolle fordert ebenfalls einen Untersuchungsausschuss, allerdings einen ohne Zutun der NPD. Begründung: "Die SPD ist nicht dafür da, alle Altlasten der früheren CDU-Regierung abzusegnen."

Entsprechend hängt der Haussegen schief. Kaum mehr verhohlen sprechen CDU-Abgeordnete von "Provokation", Nolle riskiere "das Ende der Koalition". Etwas gemäßigter reagiert CDU-Fraktionschef Fritz Hähle. "Wir erwarten einen Bericht von Finanzminister Metz", sagte er gestern, einen Untersuchungsausschuss aber sei mit ihm nicht zu machen. Soweit freilich dürfte es nicht kommen, denn auch in der SPD ist das Kopfschütteln groß. Zwar sieht SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss ebenfalls Aufklärungsbedarf bei der SachsenLB, dennoch ging er gestern erkennbar auf Distanz zu Nolle. "Das ist die Meinung eines einzelnen Abgeordneten, nicht die der SPD-Fraktion."

Dabei sind die internen Verwerfungen wegen der Landesbank nicht die einzigen Problemfelder, die die Koalitionäre mit Blick auf das Plenum umtreiben. Sorgen bereitet ebenso die anstehende Wahl eines NPD-Mitglieds für den Jugendhilfeausschuss. Zwar haben die meisten Fraktionen bereits gestern beschlossen, sich an dem Punkt zu enthalten, weil die NPD ein verbrieftes Recht auf den Sitz hat. Offen aber ist, ob das gelingt. Schließlich stimmten bei früheren Wahlgängen im Parlament zwei Abgeordnete aus anderen Fraktionen für die Rechtsextremen. Dies könnte sich nun wiederholen.
Jürgen Kochinke