Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 18.01.2005

Erklärung gegen Rechts sorgt für Zoff in der CDU

Kritik an Fraktionschef Fritz Hähle: Gemeinsames Papier wertet PDS auf
 
Die schmerzhaftesten Seitenhiebe kommen in der Politik bekanntlich immer aus den eigenen Reihen. Doch die jüngste Attacke traf CDU-Fraktionschef Fritz Hähle dann doch etwas unerwartet. Ausgerechnet die gemeinsame Erklärung gegen politisch motivierte Gewalt und Fremdenfeindlichkeit, welche die Fraktionschefs von CDU, PDS, SPD, FDP und Grünen in der vergangenen Woche als Reaktion auf den NPD-Einzug in den Landtag unterzeichneten, sorgt jetzt bei einigen christdemokratischen Abgeordneten für Unmut.

Das Papier, in dem unter anderem kritisiert wird, dass NPD-Kandidaten bei geheimen Abstimmungen mehrfach zusätzliche Stimmen aus anderen Fraktionen erhalten hatten, trägt ihrer Meinung nach zu einer ungerechtfertigten Aufwertung der PDS bei. Zunächst hatten die CDU-Abgeordneten Matthias Rößler und Steffen Heitmann auf einer internen Fraktionsklausur so argumentiert, gestern ließen sich die beiden Ex-Minister mit dem Vorwurf öffentlich zitieren: Es sei ein Fehler gewesen, die PDS als Mitunterzeichner des Papiers praktisch mit allen anderen demokratischen Parteien gleichzusetzen.

Hähle selber schüttelt über diese „Kraftmeierei, die im Kampf gegen die PDS schon seit 15 Jahren nichts gebracht hat“, verständnislos den Kopf. Nicht nur, dass der Text abgestimmt gewesen sei und die CDU jedes Wort der Erklärung unterschreiben könne, weil die PDS dadurch nicht geadelt werde. „Wir haben auch keine Mehrheit mehr. Das müssen nun schnell alle begreifen, die es bisher noch nicht begriffen haben“, schießt er zurück. Tatsächlich ist die CDU-SPD-Koalition vor allem bei Personalentscheidungen mehr denn je vom Votum der größten Oppositionsfraktion abhängig. Wer bessere Rezepte habe, wie man bei dieser Konstellation politisch erfolgreich bleibt, soll sie vorlegen, dreht Hähle zudem den Spieß um.

Andere kritische CDU-Fraktionäre wie Kultusminister Steffen Flath differenzieren deshalb mehr. Für Hähle sei die Unterschrift unter die gemeinsame Erklärung eine schwere Gratwanderung gewesen, räumt er ein. Aber nur, wenn jetzt der Eindruck entsteht, die CDU kämpfe gemeinsam mit der PDS gegen die NPD, habe es sich dabei auch um einen „Irrweg“ gehandelt. Weil NPD und PDS das gegenwärtige Staatssystem ablehnen, müsse die CDU die Ablehnung beider Parteien künftig umso deutlicher demonstrieren. Schonungslos kritisiert der Minister das Papier selbst. Die Erklärung sei „reine Lyrik“ und werde in der Praxis nichts bewegen. Heute will die CDU-Fraktion das Streitthema erneut aufgreifen.
Von Gunnar Saft