Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 19.01.2005

„Der Fisch stinkt“

Der Affären-Strudel rund um Sachsens Landesbank rückt die Staatsregierung immer mehr ins Zwielicht.
 
Der Dauer-Konflikt um die Führungsspitze der sächsischen Landesbank in Leipzig spitzt sich weiter zu. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden, in dem die Richter den Managern des staatlichen Kreditinstitutes jetzt indirekt sogar Urkundenfälschung vorhalten, geraten die Vorstandsmitglieder Michael Weiss und Rainer Fuchs sowie Andrea Braun als Chefin des Tochterunternehmens Mitteldeutsche Leasing AG immer mehr unter Druck.

Alle Fraktionen im sächsischen Landtag forderten gestern mehr oder weniger offen die Staatsregierung zur zügigen Aufklärung der Vorwürfe gegen die Spitzenbanker auf. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses dürfte zunächst jedoch scheitern, da ein solcher Schritt heute ausgerechnet von der NPD-Fraktion im Parlament beantragt wird.

Die FDP kündigte kurzfristig eine Große Anfrage an, um die Staatsregierung zu einer Stellungnahme zu zwingen. Die Bündnisgrünen drängen unterdessen darauf, den Landesrechnungshof in die Überprüfung der Geschäftspraktiken der Landesbank einzuschalten.

Laute Rufe nach Justitia

Die PDS, die mit ihren 31 Abgeordneten jederzeit selbstständig die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses durchsetzen kann, will die für die Landesbank zuständigen Minister zuvor im Finanzausschuss anhören. Fraktionschef Peter Porsch ließ aber keinen Zweifel daran, dass er die Pressemeldungen über die Missstände in der Landesbank, in denen von Vetternwirtschaft und riskanten Finanzgeschäften mit öffentlichen Geldern die Rede ist, für glaubhaft hält. „Der Fisch stinkt.“

In Erklärungsnot geraten damit auch immer mehr die drei Mitglieder der Landesregierung, die in den vergangenen Jahren als Finanzminister die Aufsicht über die Landesbank ausübten: Regierungschef Georg Milbradt, der heutige Innenminister Thomas de Maizière sowie der gegenwärtige Amtsinhaber Horst Metz (alle CDU). Sollten sich die Vorwürfe gegen die Bankmanager bestätigen, stünden sie politisch in der Verantwortung.

Nach dem jüngsten Urteil gehen sogar die Koalitionsfraktionen vorsichtig auf Distanz. SPD-Chef Cornelius Weiss sagte, bei der Landesbank handelt es sich offensichtlich um ein „disziplinarrechtliches Problem“. Ein versteckter Hinweis in Richtung Kabinett. Auch CDU-Fraktionschef Fritz Hähle versteckte seinen Unmut nur schwach. „Die Regierung wird tun, was zu tun ist.“ Welche Maßnahmen das seien, könne er nicht sagen, weil er alle Informationen zur Landesbank bisher nur aus der Presse habe.

Nach SZ-Informationen beschäftigte sich das Kabinett gestern eine Stunde mit dem brisanten Thema. Dabei soll vor allem Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) auf Konsequenzen gedrängt haben. Die könnten darin bestehen, dass das Vorstands-Trio abgelöst und für die Landesbank eine neue Führung gefunden wird. Bankchef Michael Weiss versucht sich unterdessen bereits selber im Krisenmanagement. So kam es gestern noch zu einem eilig anberaumten Treffen mit den finanzpolitischen Sprechern der CDU- und SPD-Fraktion. Allerdings könnte sein Fall bald nicht mehr bei der Politik, sondern in den Händen der Justiz liegen. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle legte als Dauerkritiker der Geschäftsgebaren der Landesbank bereits nach. „Eine Suspendierung allein reicht nicht mehr. Nach dem klaren Urteil muss nun die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen ausweiten.“S.4
von Gunnar Saft