Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 15:01 Uhr, 21.01.2005

NPD provoziert - Abgeordnete der Rechtsextremen im sächsischen Landtag sprechen von «Bomben-Holocaust» auf Dresden

Von Tino Moritz und Karsten Frerichs
 
Dresden (ddp-lsc). Abgeordnete der rechtsextremen NPD haben im Landtag NS-Verbrechen in provozierender Weise relativiert. Aus Protest gegen Redebeiträge von Fraktionschef Holger Apfel und Jürgen Gansel (beide NPD) zog am Freitag ein Großteil der Abgeordneten der anderen Parteien kurzzeitig aus dem Plenum in Dresden aus. Sie gebrauchten den Begriff «Bomben-Holocaust» für die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945. «Der Bomben-Holocaust von Dresden steht ursächlich weder im Zusammenhang mit dem 1. September 1939 noch mit dem 30. Januar 1933», sagte Gansel. Zu Sitzungsbeginn hatte sich die NPD-Fraktion bereits einer Gedenkminute für die Opfer des Nationalsozialismus verweigert.

Landtagspräsident Erich Iltgen (CDU) hatte alle Abgeordneten aufgefordert, den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft die Ehre zu erweisen, «gleichviel durch welche Willkür und Gewaltmaßnahmen sie zu Schaden gekommen sind». Die NPD-Fraktion, die zuvor eine Gedenkminute für die Opfer des Luftangriffs der Alliierten auf Dresden am 13. Februar 1945 beantragt hatte, zog geschlossen aus dem Parlament aus. Zu dieser alle NS-Opfer einschließenden Schweigeminute hatte sich Iltgen nach Angaben von Parlamentssprecher Ivo Klatte kurzfristig entschlossen, um dem NPD-Antrag zuvorzukommen. Dieser war von der Landtagsverwaltung aus formalen Gründen für unzulässig erklärt worden.

SPD-Fraktionschef und Alterspräsident Cornelius Weiss ergriff während der von der NPD beantragten Landtagsdebatte über die Opfer der Luftangriffe stellvertretend für alle anderen Fraktionen das Wort und warf Apfel eine «mit Schaum vor dem Mund und in Goebbelscher Manier vorgetragene Rede» vor. Weiss sagte, das Dresdner Inferno vom Februar 1945 dürfe niemals vergessen werden, aber auch nicht, wie es damals dazu gekommen sei. Er erinnerte unter anderem an die Reichspogromnacht vom 9. November 1938 und an das deutsche Flächenbombardement vom November 1940 auf die englische Stadt Coventry. An die Demokraten im Parlament richtete er den Appell, «mit aller Entschiedenheit jenen in den Arm zu fallen, die schon wieder nach der Brandfackel greifen».

Als Gansel anschließend in der hitzigen und von zahlreichen Zwischenrufen unterbrochenen Debatte Richtung Weiss davon sprach, dass moralische Betroffenheit keine historischen Fakten ersetze, verließen die Fraktionen von PDS und Grünen komplett und Teile von SPD, CDU und FDP den Plenarsaal. Apfel hatte den 8. Mai 1945 den «Tag der vermeintlichen Befreiung Deutschlands» genannt. Die «gleichen Massenmörder», die Dresden am 13. Februar ausgelöscht hätten, seien «heute drauf und dran, neue Kriege vom Felde zu ziehen».

Die NPD ist seit der Landtagswahl im September, bei der sie 9,2 Prozent der Stimmen erhielt, mit zwölf Abgeordneten im Landtag vertreten. Bei der Wahl des Ministerpräsidenten und der Ausländerbeauftragten erhielt der NPD-Kandidat bei geheimen Abstimmungen jeweils mindestens zwei Stimmen aus anderen Fraktionen, obwohl diese sich auf eine Isolierung der Rechtsextremen verständigt hatten. Die Abweichler sind nicht bekannt.

ddp/kfr/muc
211501 Jan 05