Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 16:07 Uhr, 21.01.2005

NPD lehnt Ehrung für Nazi-Opfer ab - Erregte Landtagsdebatte

 
Dresden (dpa/sn) - Die rechtsextreme NPD hat sich im sächsischen Landtag am Freitag einer Schweigeminute für die Opfer des Nationalsozialismus verweigert. Die NPD-Abgeordneten verließen den Plenarsaal, als sich die anderen Parlamentarier zum Gedenken für die Opfer des Nazi-Regimes und des Zweiten Weltkrieges erhoben. Die NPD wollte nur der Opfer der Bombardierungen deutscher Städte durch alliierte Luftangriffe gedenken.

In einer anschließenden Debatte warf die NPD den anderen Parteien vor, trotz der Fülle von Veranstaltungen zum 60. Jahrestag der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 die Opfer der Luftangriffe nicht gebührend zu würdigen. Alterspräsident Cornelius Weiss (SPD) wies dies im Namen aller anderen Fraktionen zurück. Das Landtagspräsidium kündigte eine Prüfung der NPD-Redebeiträge an.

Nach Ansicht von CDU und Grüne muss geklärt werden, ob die Reden der NPD den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Laut PDS lieferte die NPD neues Material für ein Verbotsverfahren. Unter anderem hatte der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel den Alterspräsident als Vertreter einer «Umerziehungs- und Canossa-Republik» beschimpft.

«Wir dürfen das Dresdner Inferno niemals vergessen, wir dürfen aber auch nicht vergessen, wie es dazu kam», hatte Weiss erklärt. Der SPD- Fraktionschef erwähnte die Machtergreifung Hitlers 1933, die Verfolgung der Juden, den Massenmord in Konzentrationslagern, die deutschen Bombardements auf das spanische Guernica und das englische Coventry. Es sei gefährlich, diese Ereignisse gegeneinander aufzurechnen. «Brücken bauen - Versöhnung leben» sei der Geist, «der fortan in uns leben muss», sagte er in seiner mit langem Beifall bedachten Rede, nach der sich die Abgeordneten von CDU, SPD, PDS, FDP und Grünen erhoben.

NPD-Abgeordnete stellten in Abrede, dass die Zerstörung Dresdens im Zusammenhang mit dem von Deutschland ausgelösten Zweiten Weltkrieg und mit der Machtergreifung der Nazis 1933 stehe. «Die Behauptung, ein alleine von Deutschland verschuldeter Krieg sei in Form des alliierten Bombenterrors auf das Land der Täter zurückgefallen ist infam weil unwahr», wies Gansel eine Verantwortung Nazi-Deutschlands zurück. Es war zudem von einer «selektiven Erinnerungskultur» in Deutschland die Rede, die nur die Opfer der anderen Völker im Blick habe.

Die Reden der NPD-Vertreter wurden immer wieder durch empörte Zwischenrufe unterbrochen, etliche Abgeordnete verließen den Saal. Nach Meinung von PDS-Fraktionschef Peter Porsch hat sich die NPD- Fraktion endgültig als «Parteigänger von Faschismus und Nationalsozialismus entlarvt». Auch Grüne und CDU warfen der NPD nationalsozialistische Überzeugungen vor.

Unterdessen lehnte Landtagspräsident Erich Iltgen das Ansinnen der NPD ab, am Gedenktag für die Zerstörung Dresdens vor dem Landtag aufmarschieren zu dürfen. «Ich habe kein Verständnis dafür, dass bestimmte politische Gruppierungen versuchen, die Ereignisse am 13. Februar 1945 in ihrem Sinn umzudeuten und für politische Zwecke zu instrumentalisieren.» Zum Gedenken wollen 5000 Rechtsextreme aus ganz Deutschland anreisen. Die NPD will juristisch gegen die Entscheidung des Landtagspräsidenten vorgehen.

dpa su/st yysn ba
211607 Jan 05