Karl Nolle, MdL

spiegel-online, 22.01.2005

Sächsische Abgeordnete fordern neuen NPD-Verbotsantrag

 
Sächsische Politiker fordern nach dem Eklat vom vergangenen Freitag im Dresdner Landtag eine Neuauflage des Verbotsantrags gegen die rechtsextreme NPD. In einer Aktuellen Stunde zum 60. Jahrestag der Bombardierung Dresdens hatte NPD Fraktionschef Holger Apfel die Zerstörung der Stadt als "kaltblütig geplanten, industriellen Massenmord an der Zivilbevölkerung" bezeichnet. Bei dem Angriff habe es sich, so Apfel, um einen "alliierten Bomben-Holocaust" gehandelt. Während der Zentralrat der Juden in Deutschland von einer "perfiden Relativierung auf Kosten sämtlicher Opfer" spricht und die Staatsanwaltschaft Dresden den Verdacht der Volksverhetzung prüft, sehen Landtagsjuristen kaum Möglichkeiten, gerichtlich gegen Apfel vorzugehen. Artikel 55 der Sächsischen Verfassung schließt ausdrücklich aus, Abgeordnete des Parlaments wegen einer Äußerung im Plenarsaal gerichtlich oder dienstlich zu verfolgen. Eine Ausnahme gilt nur für verleumderische Beleidigungen � doch dieser Tatbestand wird mit der Rede wohl nicht erfüllt. Peter Porsch, Chef der PDS-Fraktion im Landtag, will den Rechtsextremisten nun über einen Umweg das Wort entziehen: Er verlangt einen neuen Verbotsantrag. Apfel hatte in seiner Rede auch von "Strafgerichten des BRD-Gesinnungsstaates" gesprochen, später erklärte ein weiterer NPD-Abgeordneter das Land zu einer "Umerziehungsund Canossa-Republik". Diese Äußerungen, ist sich Porsch sicher, "sind ein Baustein für ein neues Verbotsverfahren". Er will diese Woche in Gesprächen mit den vier anderen Fraktionen des Parlaments erreichen, dass Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) auf Grundlage des neuen Materials offiziell vom Freistaat Sachsen aufgefordert wird, beim Verfassungsgericht erneut gegen die NPD vorzugehen.