Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 27.01.2005

NPD nimmt Schüler ins Visier

Trotz eines Werbeverbots für Parteien wollen Rechte nun in sächsischen Klassenzimmern rekrutieren.
 
Wir finden, dass die NPD in die Schulen kommen muss.“ Mit diesen Worten kündigte der Geschäftsführer der NPD-Landtagfraktion, Peter Marx, gestern eine offensivere Mitgliederwerbung unter Jugendlichen an.

Das bestehende Verbot für politische Werbung in Schulen kommentierte er mit den Worten, „andere Parteien würden sich ja auch dort tummeln“. Einen entsprechenden Beleg blieb er allerdings schuldig. Marx beklagte vielmehr, dass das Kultusministerium Einladungen von NPD-Vertretern an Schulen abblocke. Es gebe aber dennoch Wege und Mittel, um Informationsmaterial an Schüler zu verteilen, auch wenn an den entsprechenden NPD-Veranstaltungen bisher noch kein Lehrer teilgenommen habe. Marx kündigte schließlich noch für dieses Jahr die Gründung eines sächsischen Landesverbandes der NPD-Nachwuchsorganisation „Junge Nationaldemokraten“ an.

Das Kultusministerium will das Partei-Werbeverbot an den Schulen unterdessen künftig mit „besonderer Härte“ durchsetzen, wie Sprecher Dirk Reelfs erklärte. Es komme aber darauf an, dass die Schulen im Kampf gegen Rechts nicht allein gelassen werden. „Vor allem Defizite außerhalb des Unterrichts können wir nicht kitten“, sagte Reelfs mit Verweis auf das Elternhaus und den Freundeskreis von Schülern.

Das Landesamt für Verfassungsschutz veröffentlichte gestern eine Übersicht über aktuelle Werbeaktivitäten der NPD. Die Rechtspartei versucht demnach vor allem durch das Verteilen von Musik-CDs und durch Freizeitangebote Jugendliche auf sich aufmerksam zu machen.

Anlässlich der ersten 100 Tage im Landtag distanzierte sich die NPD-Fraktionsspitze dann auch gestern nicht von der Behauptung ihres Fraktionsmitglieds Klaus-Jürgen Menzel, wonach der Zweite Weltkrieg Deutschland von den Amerikanern aufgezwungen worden sei. Auch besteht man weiter darauf, dass es sich bei den alliierten Angriffen auf deutsche Städte um einen „Bomben-Holocaust“ gehandelt habe. „Der Begriff Holocaust-Industrie ist kein eingetragenes Markenzeichen für den Massenmord an den Juden“, hieß es.

Der Landesverband der jüdischen Gemeinden zeigte sich bestürzt. Sowohl für die noch lebenden NS-Opfer als auch für ihre Nachkommen sei es unfassbar, dass sich solche Ereignisse wieder auf den Podien deutscher Parlamente abspielen könnten.

Am Verhalten der anderen sächsischen Landtagsfraktionen gibt es inzwischen erstmals Kritik aus anderen Bundesländern. „Ich bedaure den dilettantischen Umgang unserer sächsischen Nachbarn mit der Fraktion der NPD“, sagte die Thüringer CDU-Fraktionschefin Christine Lieberknecht. „Sie sitzen wie die Kaninchen vor der Schlange anstatt den NPD-Leuten ihre Demagogie vor Augen zu halten.“
Von Gunnar Saft