Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 28.01.2005

Strafe für die NPD: Schweigende Verachtung

Auschwitz-Gedenkfeier: Biedenkopf und Milbradt mit unterschiedlichen Empfehlungen - Gegen ein Partei-Verbot
 
Dresden. In der Auseinandersetzung mit extremen Gruppierungen mahnt Alt-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf mehr Gelassenheit an. In einer Ansprache zum Thema „Wehrhafte Demokratie und Toleranz" anlässlich des 6o. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zitierte Biedenkopf den früheren Verfassungsrichter Mackenrodt. Kein anderes europäisches Land außer Deutschland beschäftige sich mit dem gerichtlichen Verbot einer extremen Partei.

„Warum fehlt es uns an dem Selbstvertrauen und an der Gelassenheit, über die andere europäische Länder offenbar so selbstverständlich verfügen?" fragte Biedenkopf. Der langjährige sächsische Regierungschef zeigte Verständnis für die Empörung und die Betroffenheit „auf das unerträgliche politische Gestammel von Leuten, welche die Immunität des Mandates nutzen, um ihren Frust, ihre beleidigenden und provozierenden Sprüche und das los zu werden, was sie unter Politik verstehen." Doch könnten die Extremisten dabei auch sicher sein, „dass wir ihnen damit erst die Aufmerksamkeit und die mediale Bedeutung verschaffen, ohne die sie keine Chance hätten, die Grenzen ihrer sektiererischen Randexistenz zu überwinden:

Auswüchse des politischen Sektierertums sollten durch die Gerichte bereinigt werden, empfahl Biedenkopf. Wer Juden, Andersgläubige und Ausländer verunglimpfe oder beleidige, wer dem Gedenken der Menschen, die im KZ ermordet wurden, die Achtung verweigere, gehöre vor den Strafrichter. Politische Gruppierungen, „die solche Leute zu den ihren zählen” jedoch nicht. Ihre Strafe sollte lauten: Schweigende Verachtung: „Nichts wird die NPD und ihre Anführer härter treffen als die gewollte Verweigerung öffentlicher Aufmerksamkeit", meinte Biedenkopf, der die Auseinandersetzung mit rechtsextremen Kräften als europäische Aufgabe bezeichnete.

Einen härteren Umgang mit der NPD als Biedenkopf will dessen Nachfolger Georg Milbradt praktizieren. Die Partei missbrauche ihre parlamentarischen Rechte für ihre Nazi-Ideologie, sagte der Ministerpräsident. Nachdem die NPD am vergangenen Freitag im Landtag ihre Maske habe fallen, dürfe nicht zugelassen werden, dass sie erneut mit bürgerlicher Wohlanständigkeit täuschen könne. Milbradt warnte vor einer Unterschätzung des Problems des Rechtsextremismus: „Was wir derzeit erleben, findet zwar in Sachsen statt, ist aber kein regionales Problem."

Den Missbrauch des Gedenkens an die Bombenopfer geißelte auch Fritz Hähle, Vorsitzender der CDU-Fraktion. Dem Treiben der NPD könne nur die Abscheu der demokratisch gesinnten Bürger entgegen gebracht werden. Die CDU-Fraktion hatte zu der Feierstunde in das Congresszentrum Dresden eingeladen.
Von Hubert Kemper