Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, 29.01.2005

Gute Gründe

Kommentar von Thomas Kröter
 
Der Abgeordnete ist frei. Keiner kann ihm Weisungen geben, keiner den Mund verbieten - außer einem anderen Abgeordneten. Deshalb wurde der junge Joschka Fischer gerüffelt, weil er den Parlamentspräsidenten "Arschloch" genannt hat. Ein Beleidigungsprozess folgte nicht.

Die Verharmlosung der nationalsozialistischen Judenvernichtung ist mehr als eine Verbalinjurie. Dennoch: Rechtfertigt sie die generelle Einschränkung parlamentarischer Redefreiheit? Dafür spricht: Im Parlament gesagt, ist eine Aussage gegen Strafverfolgung imprägniert. Auf einem NPD-Flugblatt braucht nur zu stehen: Wie der Abgeordnete X im sächsischen Landtag... Andrerseits: Wären Szenen wie jene nicht mehr möglich, die die Republik erregen? Der Vergleich der Bombardierung Dresdens mit dem Holocaust, ist der durchsichtige Versuch, ihn zu verharmlosen. Aber er leugnet ihn nicht.

Erfüllt das den Tatbestand der Volksverhetzung? Sollte man besser die Beleidigung der NS-Opfer im Parlament unter Strafe stellen? Auch dies könnten nur die Gerichte sanktionieren. Welche politischen Folgen es hat, wenn die Ankläger unterliegen, hat das Scheitern des NPD-Verbots gezeigt. Fazit: Juristische Verfolgung kann die politische Auseinandersetzung nicht ersetzen. Die wehrhafte Demokratie sollte auf die Kraft ihrer Argumente vertrauen.