Karl Nolle, MdL
Agenturen ddp-lsc, 13:44 Uhr, 04.02.2005
Geparkte Risiken? - Sachsen LB wegen Immobiliengeschäften in der Kritik
--Von Matthias Hasberg--
Leipzig (ddp-lsc). Nach teilweise undurchsichtigen Leasinggeschäften gerät jetzt das Immobiliengeschäft der Landesbank Sachsen (Sachsen LB) in die öffentliche Kritik. Über eine Tochterfirma soll das öffentlich-rechtliche Leipziger Bankhaus Risiken in dreistelliger Millionenhöhe kaschiert haben, wie der «Spiegel» vorab berichtet. SPD-Parlamentarier Karl Nolle zieht wegen angeblich intransparenter Geschäftspraktiken und unkalkulierbarer Risiken bereits Parallelen zum Berliner Bankenskandal. Die Sachsen LB indes weist alle Vorwürfe von sich. Man habe lediglich «einzelne notleidende Objekte» an die Tochterfirma verkauft, um sie dort für eine kommende Vermarktung «weiterzuentwickeln».
Im Zentrum der Vorwürfe steht das Tochterunternehmen Real Immobilien GmbH, an dem die Sachsen LB 49 Prozent hält. Wie der «Spiegel» unter Berufung auf bankinterne Berichte schreibt, sollten durch den Verkauf kritischer Objekte an diese Tochter Wertberichtigungen im Portfolio der Bank verringert beziehungsweise vermieden werden. Unter anderem sollten auf diese Weise die Kapitalrisiken bei Bürohäusern, Einkaufszentren und Wohnkomplexen kaschiert werden. So habe die Real im März 2003 zwei Bürogebäude in Dresden und Leipzig für rund 72,7 Millionen Euro gekauft, den Marktwert der Objekte habe die Bank selbst jedoch auf nur 43 Millionen Euro taxiert. Die Finanzierung der Objekte hätten Experten der Sachsen LB laut eines internen Vermerkes «unter den gegebenen Risikogesichtspunkten» für «nicht vertretbar» gehalten, berichtet der «Spiegel» weiter.
Der SPD-Abgeordnete Nolle erklärte, offenbar habe die Sachsen LB Immobilien zu weit überhöhten Preisen an die Real GmbH transferiert. «Problemkredite und Immobilienkredite sind offenbar systematisch in die Minderheitentöchter der Sachsen LB verschoben worden», erklärte er. Der SPD-Politiker sieht Parallelen zum Untergang der Berliner Bank. Risiken und Verluste bei der Sachsen LB belaufen sich laut Nolle auf eine Größenordnung von über einer Milliarde Euro. Dafür müssten die Sparer in Sachsen bluten.
Die Sachsen LB erklärte, die Immobilien seien zu von externen Gutachtern geschätzten Preisen an die Real GmbH verkauft worden. Das Volumen aller in Anspruch genommenen Finanzierungen für Objekte der Real beziffert sich nach Auskunft der Bank auf rund 150 Millionen Euro. Die Geschäftsidee der Real sei, die Objekte für einen späteren Verkauf weiterzuentwickeln. Im Portfolio der Sachsen LB seien die auftretenden Risiken jeweils im Rahmen von Einzelwertberichtigungen berücksichtigt worden.
Die Sachsen LB kommt seit gut einem Jahr nicht aus Negativ-Schlagzeilen heraus. Zum Dauerthema wurde der Streit mit der Industrie- und Immobilien Leasing GmbH (IIL) über die Beteiligungswerte bei der Tochterfirma MDL. Die Sachsen LB hatte in diesem Zusammenhang im Januar eine Schlappe vor dem Oberlandesgericht Dresden hinnehmen müssen, weil Vorwürfe der Dokumentenfälschung nicht komplett ausgeräumt werden konnten. Letztlich könnte die Affäre auch Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) gefährlich werden. Kritiker werfen ihm vor, die Missstände bei der Bank nur halbherzig anzugehen.
(Weitere Quellen: Nolle in «Freier Presse»; Sachsen LB in Pressemitteilung)
ddp/lmh/kfr
041344 Feb 05