Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 07.02.2005

Stoiber provoziert - der Donner folgt prompt

 
Berlin/Dresden. Die neue Stoßrichtung gegen Rot-Grün hat CSU-Generalsekretär Markus Söder vorgegeben. Als die Bundesagentur für Arbeit den Rekord von fünf Millionen Arbeitslosen mitteilte, warnte er vor "Weimarer Verhältnissen" - die Verknüpfung der Probleme mit den Jobs und den Rechtsradikalen besorgt nun der CSU-Chef höchstselbst: Die Massenarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit sei "die Hauptursache für das Wiedererstarken der NPD", weiß Edmund Stoiber. CDU-Chefin Angela Merkel äußert sich dagegen abwägender und spricht von "Verzweiflung".

SPD und Grüne geben den Schwarzen Peter umgehend zurück. Einigkeit unter Demokraten sei gefragt - im Wahlkampf eine seltene Tugend. Denn ob die Opposition bei dem von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) gewünschten "Aufstand der Anständigen" zum Tag des Kriegsendes vor 60 Jahren am 8. Mai in Berlin mitmacht, ist noch offen.

Nicht zuletzt in Sachsen stoßen die Stoiber-Vorwürfe auf heftige Kritik. SPD-Landeschef und Wirtschaftsminister Thomas Jurk sieht in den Äußerungen "groben Unfug" und "nichts als riskante und billige Vorwahlkampf-Polemik". "Der bayerische Ministerpräsident kocht mal wieder ein gefährliches parteipolitisches Süppchen, das vor allem Rechtsradikalen schmecken wird. Er hat sich mal wieder zur falschen Zeit die falschen Gegner gesucht - anstatt im Schulterschluss mit allen demokratischen Parteien die politische Auseinandersetzung mit den Rechtsradikalen zu führen", sagt Jurk dieser Zeitung.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Nolle, kritisiert, Stoiber und Merkel wollten "die Öffentlichkeit für dumm verkaufen". Die sächsische Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau wirft Stoiber ein "perverses Ablenkungsmanöver" vor. "Stoiber verlässt den Grundkonsens der Demokraten, wenn er der NPD Wasser auf die Mühlen gießt." Ohnehin sei die NPD in Sachsen in den Landtag eingezogen - hier regiert Rot-Grün aber gar nicht.

Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) will sich nicht äußern. Sein CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer kritisiert indes, "die Menschen hassen nichts mehr als parteipolitische Schuldzuweisungen". Es sei aber richtig, dass es ein Licht am Ende des Tunnels geben müsse. "Keine Demokratie der Welt hält auf Dauer sechs Millionen Arbeitslose aus. Wir können uns keine Politiker der ruhigen Hand mehr leisten, sondern müssen aktiv werden", so Kretschmer. Schröder solle sich endlich aus dem Klammergriff der Gewerkschaftslobby befreien.

Im benachbarten Thüringen warnt SPD-Landeschef Christoph Matschie: "Edmund Stoiber muss aufpassen, dass er seine Äußerungen am Faschingswochenende nicht mit einer Büttenrede verwechselt." Und der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, sieht die Stoiber-Äußerungen als "völlig falsch und an den Haaren herbeigezogen".
Sven Heitkamp