Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 09.02.2005
Dresdens OBM trennt sich von Flut-Berater
Leipzig/Dresden. Dresdens Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) hat sich gestern endgültig von seinem Radebeuler Berater und Fluthilfekoordinator Rainer Sehm getrennt und den Vertrag mit dessen Firma aufgelöst. Anlass war die Festnahme Sehms, dem Vorteilsnahme und Bestechlichkeit vorgeworfen werden.
Laut Antikorruptionseinheit INES soll der Ex-Rennfahrer und frühere Spediteur Sehm den Flutprojektsteuerern von Bovis Lend Lease I'RW AG (BLL) angeboten haben, den Vertrag mit ihnen schneller und positiv zu verhandeln, wenn sie einen Beratervertrag mit ihm im sechsstelligen Euro-Bereich abschließen. Darauf wollten sich die Projektsteuerer nicht einlassen.
Für INES liegt in diesem Angebot der Vorwuf der Bestechlichkeit begründet. Sehm sei einem Amtsträger gleichgestellt gewesen, durfte laut Gesetz nichts in Aussicht stellen oder fordern, erklärte gestern INES-Chef Claus Bogner gegenüber dieser Zeitung. Genau das habe Sehm aber in der Phase der Anbahnung des Vertrages mit dem Projektsteuerer getan. BLL war seit Anfang 2003 bis Sommer 2004 in Dresden für rund 700 Baumaßnahmen im Rahmen der Flutschadensbeseitigung mit einem Wert von 450 Millionen Euro verantwortlich.
Wie gestern auf Nachfrage bekannt wurde, haben ehemalige Mitarbeiter aus dem Leipziger BLL-Büro die Korruptionsfahnder auf den Plan gerufen. Sie wurden als Zeugen in den Ermittlungen gegen Sehm vernommen. Bis zu 20 Leipziger waren zwischenzeitlich im Flutbüro im Geschäftsbereich von OBM Roßberg mit der Beseitigung von Flutschäden beschäftigt. Im Sommer 2004 beendete die Landeshauptstadt den Vertrag, weil das aus Flutmitteln bereit gestellte Geld für den Projektsteuerer aufgebraucht war. Ende 2004 wurde das Leipziger BLL-Büro mangels neuer Aufträge aufgelöst. BLL-Vorstand Karl-Heinz Schmeller aus der Münchner BLL-Zentrale wollte dazu keinen Kommentar abgeben.
Wie berichtet, sitzt Fluthilfekoordinator Sehm derzeit in Dresden in Untersuchungshaft. Am Montag hat das Amtsgericht Dresden Haftbefehlt erlassen, so die Staatsanwaltschaft Dresden. Es werde wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit ermittelt, und es bestehe Flucht- und Verdunkelungsgefahrt, so INES-Chef Bogner. Sehms Rechtsvertreter Endrik Wilhelm hält den Haftbefehl für zweifelhaft. Es sei offenbar derzeit modern, auf seinen Mandanten einzudreschen. Wilhelm hält die Zeugenaussagen für zu vage.
Ralf Redemund