Karl Nolle, MdL
Börsen-Zeitung Nr. 26, 08.02.2005
Regierungschef und Sachsen LB unter Druck
Kritiker rücken Landesbank in die Nähe der Bankgesellschaft - "Vorwürfe der Bilanzkosmetik ungerechtfertigt"
Von Ulli Gericke, Berlin Börsen-Zeitung, 8.2.2005 Im Freistaat Sachsen steigt der politische Druck, die Spitze der einzigen ostdeutschen Landesbank zu entlassen. Dabei dient den Kritikern inner- und außerhalb der Dresdner CDU/SPD-Koalition eine bunte Melange an Vorwürfen, die sich bisher jedoch noch nicht belegen ließen. Trotz der Versicherung des Finanzministeriums, bei der Landesbank Sachsen gebe es "keine Parallelen zur Bankgesellschaft Berlin", lassen die Anschuldigungen nicht nach. Nach Ansicht von Beobachtern gelten die Vorwürfe freilich weniger dem Bank-Vorstand als vielmehr dem Ministerpräsidenten Georg Milbradt.
Der Nachfolger von Kurt Biedenkopf steht nach der massiven Wahlniederlage im vergangenen Sommer innerparteilich kräftig unter Druck. Da bietet es sich offensichtlich bei seinen Parteifreunden an, jede mögliche Gelegenheit zu nutzen, um des einstigen Finanzministers "Kind" Landesbank und Sachsen-Finanzgruppe zu schädigen - zumal die Sachsen LB ohnehin offene Flanken hat. Bereits seit gut Jahresfrist köchelt etwa ein Streit mit dem bayerischen Leasing-Unternehmer Ludwig Hausbacher, mit dem zusammen die Landesbank die Mitteldeutsche Leasing (MDL) gegründet hatte. Bald darauf warf die Sachsen LB dem Süddeutschen aber vor, das Geschäft an die Wand gefahren zu haben, und entließ Hausbacher. An seine Stelle wurde Andrea Braun gesetzt, die Lebenspartnerin von Landesbank-Vorstandschef Michael Weiss.
Im Gegenzug blockierten die Bayern eine notwendige Kapitalerhöhung bei der MDL -um der Führung jetzt Insolvenzverschleppung vorzuwerfen. Derweil formulierte das Oberlandesgericht Dresden in einer Pressemitteilung vielsagende Worte zu einer möglichen Rückdatierung eines Bank-Schreibens - ohne dass die Sachsen LB die Vorwürfe nachträglich entkräften konnte. Hausbachers Berater ist übrigens Ex-Ministerpräsident Biedenkopf, der vor Jahren seinen nicht gewollten Nachfolger als zwar hervorragenden Fachmann, aber "miserablen Politiker" abqualifiziert hatte.
Finanzministerium greift ein
Andere Anwürfe monieren die vermeintliche Intransparenz bei der ertragreichen Finanztochter in Dublin. In einer neuen Welle von Anschuldigungen werden Umplatzierungen von Immobilienobjekten öffentlich in Frage gestellt. Dabei werden in eine 49-prozentige Tochter (mit dem Partner TAG Tegernsee Immobilien- und Beteiligungsgesellschaft) notleidende Immobilienobjekte übertragen, die es aber lohnt, weiterzuentwickeln. Liegt der Marktpreis beim Erwerb der Real Immobilien GmbH unter den Darlehensforderungen, nimmt die Sachsen LB entsprechende Wertberichtigungen vor, sofern diese noch nicht erfolgt sind. Damit würden "keinesfalls" Landesbank-Risiken auf die Real transferiert, betonen unisono Vorstand und sächsisches Finanzministerium.
Ertragsträger für Sparkassen
Dies hält Kritiker gleichwohl nicht davon ab, die Sachsen LB in die Nähe der Bankgesellschaft zu rücken und vor milliardenschweren Risiken zu warnen. Dieser Vorwurf samt der Unterstellung, die Bank betreibe "Bilanzkosmetik", rief nun endlich auch den Finanzminister auf den Plan, der zuvor wochenlang zu der drängenden Frage geschwiegen hatte, wie die Sachsen LB ihre künftige Refinanzierung sicherstellen kann. Aus den jetzigen Anschuldigungen - die keine Neuigkeiten enthielten - ergäben sich "keinerlei Ansatzpunkte, die die Behauptung eines Verschiebens von Risiken in Tochtergesellschaften oder der unzulässigen Bilanzkosmetik auch nur im Ansatz rechtfertigen würden", ließ sich Finanzminister Horst Metz am Wochenende zitieren. Die Bank sei vielmehr ein wichtiger und verlässlicher "Ertragsträger" für die Sachsen-Finanzgruppe, den Zusammenschluss von Landesbank mit freistaatlichen Sparkassen.
In dieser Gruppe tritt Bank-Chef Weiss von jeher als strenger - und nicht unbedingt diplomatisch formulierender - Rentabilitätsverfechter auf, was einige Sparkassen-Vorstände irritiert. Und von dort ist es nur ein kurzer Weg zu lokalen Milbradt-Gegnern. Zumal sich Weiss mit Ungeschicklichkeiten wie einem Oberklassen-Dienstfahrzeug samt Anhängerkupplung für das eigene Segelboot im ohnehin nicht wohlhabenden Osten angreifbar macht. Gleichwohl scheint Milbradt dem Vorstandschef weiter zur Seite zu stehen - auch wenn ihm diese Treue in politischen Kommentaren landauf, landab inzwischen als Schwäche ausgelegt wird. Gut möglich aber, dass der Druck noch weiter steigt und doch ein "Bauer" geopfert werden muss. Für die Landesbank und die Sparkassen-Gruppe wäre dies nicht unbedingt von Vorteil.