Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 23.02.2005

Schweres Jubiläum für Milbradt

 
Dresden. Seinen runden Geburtstag hat sich der Regierungschef sicher auch etwas glanzvoller vorgestellt. Heute wird Georg Milbradt (CDU) 60, und entsprechend groß ist der Empfang. Mehrere hundert Gäste dürften die Staatskanzlei an der Elbe füllen, doch wahre Freude wird sich wohl kaum einstellen. Zu belastet ist die Regentschaft nach dem Verlust der absoluten Mehrheit, zu groß ist der Unmut in der CDU - ein schweres Jubiläum für Milbradt.

Dabei hatte alles bravourös begonnen. Nach beinhartem Machtkampf mit Amtsvorgänger Kurt Biedenkopf (CDU) 2001 ging Milbradt als versierter Taktiker in die verhaltene Offensive - und am Ende als Sieger aus dem Tauziehen hervor. 2002 wurde der Westfale Regierungschef, konnte sich schon kurz danach bei der Jahrhundertflut als Krisenmanager bewähren. Und positiv waren die Signale noch vor rund einem Jahr - kein Zweifel an der satten Mehrheit im Lande, Sachsen als CDU-Stammland schlechthin.

Mittlerweile hat sich der Wind gedreht. Erst büßte die erfolgsverwöhnte Union fast 16 Prozentpunkte bei der Landtagswahl ein, dann folgte das Desaster für Milbradt durch fremde NPD-Stimmen bei seiner Wahl zum Regierungschef. Seitdem sieht sich Milbradt von Kritikern umringt. Für Unruhe sorgt nicht nur die Tatsache, dass die CDU-Kreisverbände Mittweida und Meißen Front gegen ihn machen; es sind vor allem die Namen, die dahinter stehen: Ex-Wissenschaftsminister Matthias Rößler zum Beispiel, oder auch Ex-Wirtschaftsminister Martin Gillo. Hinzu kommen alte Biedenkopf-Anhänger sowie Neider aus der dritten Reihe.

Entsprechend belastet ist die heutige Geburtstagsfeier. Das Jubiläum finde in "schwierigem Umfeld" statt, meint der CDU-Abgeordnete Thomas Hermsdorfer, auch wenn "man das außen vor lassen sollte" zum 60. Eine auffällige Ruhe registriert dagegen Heinz Eggert (CDU) beim Regierungschef. "Milbradt wirkt momentan sehr gelassen", meint der Ex-Innenminister, "angesichts der teilweise kunstvoll aufgeschäumten Turbulenzen ist das die richtige Strategie". Gleichzeitig geht Eggert die Kritiker direkt an. "Wer meint, Milbradt als Parteichef beerben zu können, muss seinen Hut in den Ring werfen." Das aber sei bisher nicht geschehen, die Kritik sei damit "destruktiv".

Am wenigsten versteht das Georg Milbradt selber. Grundsolide ist er, dessen Eltern aus dem heutigen Polen stammen. Er selbst wurde in Eslohe (Sauerland) geboren, studierte Volkswirtschaft, wurde Professor und schließlich Stadtkämmerer in Münster. Nach der Wende holte ihn Biedenkopf ins Kabinett als Finanzminister. Finanzpolitik ist es auch, die Milbradt zum Aushängeschild seiner Arbeit machte: sparsam, kalkulierend, zuweilen spröde.

Das macht ihm jetzt das Reagieren auf die Krise so schwer. Im tiefsten Inneren versteht der Finanzfachmann nicht, dass die aufgewühlte Partei nach einem Befreiungsschlag sucht - und selbst keine Lösung hat. Verschärft wird das durch die Dauerkritik an der SachsenLB, einem Lieblingsprojekt von Milbradt.

Das trübt auch den heutigen Tag. Selbst Anhänger gehen davon aus, dass sich das CDU-interne Grummeln fortsetzen wird. Und so mehren sich Stimmen, die Milbradt einen Rückzug als Parteichef nahe legen - damit er nicht auch noch als Regierungschef Schaden nimmt. "Er hat ein besseres Jubiläum verdient", meint ein führendes CDU-Mitglied, "menschlich zumindest."
Jürgen Kochinke