Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland - ND, 26.02.2005

Sachsen-LB: Bankmanager verliert an Kredit

Skurrile Affäre um die Landesbank des Freistaates: Noch ein Schritt bis zur Untersuchung
 
Eine skurrile Affäre um Sachsens Landesbank bringt die Regierung zunehmend in Verlegenheit. Der Landtag dringt auf Aufklärung. Immer nachdrücklicher wird mit einem Untersuchungsausschuss gedroht.

Zum wichtigsten Kapital einer Bank gehört ihr guter Ruf. Die Landesbank Sachsen hat diesbezüglich ein dickes Problem. Zeitungen berichten seit Monaten über dubiose Affären an der Spitze des Kreditinstituts. In den letzten Tagen wählen sie Überschriften wie »Tollhaus Sachsen-LB«, »Akten aus Absurdistan« und »Bankmanager auf Schleuderkurs«. Abgeordnete des Freistaats, der seinen Namen für die Bank hergibt, verlieren die Geduld. Sie verlangen von der Landesregierung immer nachdrücklicher umfassende Aufklärung und personelle Konsequenzen; andernfalls droht ein Untersuchungsausschuss.

An Gewicht gewinnen das Begehren durch einen dringlichen Antrag der PDS. Sie forderte Georg Milbradt, Ministerpräsident des Freistaats und Aufsichtsratsmitglied der Bank, gestern ultimativ auf, in der Plenarsitzung im März eine Regierungserklärung zum Zustand und zur Zukunft der Bank abzugeben, die sich einen heftigen Streit mit dem Gesellschafter einer Tochterfirma liefert und demnächst mit einer millionenschweren Schadenersatzklage konfrontiert sein dürfte. Der PDS-Abgeordnete Ronald Weckesser, Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses im Landtag, verlangte, endlich »Dampf aus der Sache zu lassen«. Milbradt wird das nicht nur mit der Regierungserklärung versuchen. Schon gestern gab er bekannt, die LB-Vorstände Michael Weiss und Rainer Fuchs hätten um ihre Abberufung gebeten. Sie würden damit die politische Verantwortung zu Vorgängen um die Bank übernehmen.

PDS-Fraktionsgeschäftsführer André Hahn hatte Milbradt zuvor gewarnt, er habe eine »letzte Chance, einen Untersuchungsausschuss zu verhindern«. Brisant ist das deshalb, weil die PDS-Fraktion ausreichend Abgeordnete zählt, um aus eigener Kraft eine parlamentarische Untersuchung durchzusetzen. Bisher war Aufklärung vor allem vom SPD-Abgeordneten Karl Nolle verlangt worden, der die Landesregierung vehement auffordert, in der Bank aufzuräumen. Nolle ist allerdings als Mitglied einer Regierungsfraktion in die Koalitionsdisziplin eingebunden. Auch die NPD hatte sich des Themas bemächtigt. Sie beantragte diese Woche bereits zum zweiten Mal eine Untersuchung der Bank-Affäre. Die Vorstöße wurden allerdings abgelehnt – auch von Nolle. »Für die Faschisten«, begründete er sein Verhalten bei namentlicher Abstimmung, votiere er »mit Nein«.

Bisher hatten die meisten Abgeordneten darauf gesetzt, dass die Regierung aus eigenem Antrieb handelt. Eine Untersuchung im Landtag ist zeitaufwändig; in der Affäre ist aber schnelles Handeln geboten. Finanzminister Horst Metz wiegelte bislang allerdings ab; auch ein Bericht seines Staatssekretärs im Finanzausschuss trug nicht zur Aufklärung bei. Nachdem immer gravierendere Vorwürfe gegen die Bankmanager auftauchen, sei nun Milbradt gefordert, heißt es bei der PDS: »Das ist jetzt Chefsache.«

Zu den jüngsten Anschuldigung gegen die Chefetage der Bank gehört der Verdacht, ein Dokument, das eine zentrale Rolle in der Auseinandersetzung mit der Tutzinger Firma Industrie- und Immobilienleasing (ILL) hat, gefälscht zu haben. Bei dem Streit geht es um eine Kapitalerhöhung bei der LB-Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL), an der die ILL 49 Prozent und die Sachsen LB 51 Prozent halten. Die Eigner streiten um den Wert ihrer Beteiligungen, nachdem der Wert der defizitären MDL von 367 auf 80 Millionen Euro reduziert worden ist. ILL spricht in diesem Zusammenhang von »verschwörerischem Handeln«.

Der für eine Bank fatale Vorwurf der Dokumentenfälschung, der durch ein Urteil des OLG Dresden unlängst bekräftigt wurde und der Minister Metz veranlasste, Ehrenerklärungen von Bankvorständen abzufordern, ist das jüngste Glied in einer Kette von Anschuldigungen. Zuvor hatte sich die Sachsen LB, die ein Lieblingsprojekt des einstigen Finanzministers Milbradt ist, mit Vorwürfen konfrontiert gesehen, die von überteuerten Dienstwagen bis zur Bespitzelung von Mitarbeitern reichten. Die Bank hatte dünnhäutig reagiert und einem Journalisten, der über die Affäre berichtet hatte, sogar den Zutritt zu einer Pressekonferenz verwehrt. Nun berichten immer mehr Blätter über die Bank – und nur in den seltensten Fällen geht es dabei um das Rekordergebnis 2003.
Von Hendrik Lasch, Dresden