Karl Nolle, MdL

DIE WELT, 26.02.2005

SachsenLB-Chefs geben auf

Ermittler finden neues Beweismaterial in Urkunden-Affäre - Ministerpräsident gerät unter Druck
 
Leipzig - Spitzenmanager der SachsenLB treten ab. Der Vorstandschef Michael Weiss und sein Kollege Rainer Fuchs ziehen damit die Konsequenz aus der sogenannten Urkunden-Affäre, die durch die WELT bekannt wurde.

Zuvor hatte die Dresdner Staatsanwaltschaft in Leipzig die Bank und eine Tochterfirma durchsucht und Beweismaterial sichergestellt. Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt gab am Freitagnachmittag zu den Rücktritten des öffentlich rechtlichen Geldhauses eine Erklärung im Landtag ab. Schon am Vormittag hatte er den Parlamentariern angekündigt, er werde am 9. März eine Regierungserklärung zu den Vorwürfen gegen Kreditinstitut abgeben.

Bei den Durchsuchungen im Vorstandsbereich der Bank sowie bei der 51prozentigen Leasing-Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) hatten die Fahnder offenkundig eindeutige Hinweise gefunden. Sie erhärten den Verdacht, daß Führungskräfte der Bank eine obligatorische Pflichtmitteilung rückdatiert haben.

Mit der vermuteten Manipulation sollte die Rechtsmäßigkeit einer MDL-Hauptversammlung belegt werden. Doch deren Beschlüsse erklärte das Oberlandesgericht Dresden im Januar für ungültig, wobei schon die Richter auf "Umstände" hinwiesen, die für eine Fälschung dieser Mitteilung sprächen. Das blieb jedoch bis zum Freitag ohne Konsequenzen.

Die Durchsuchung war durch die WELT, die am Mittwoch auf neue Beweisstücke in Urkunden-Affäre hinwies, beschleunigt worden. "Diese Veröffentlichung kam für uns etwas früh", sagte der Dresdner Oberstaatsanwalt Andreas Feron. Details zum beschlagnahmten Material wollte er nicht bekanntgeben.

Laut Darstellung des Landtagsabgeordneten Karl Nolle (SPD) belegen die Akten die Fälschung. Angelastet wird die mögliche Manipulation Bankvorstand und MDL-Aufseher Rainer Fuchs, Vorstandsbüroleiter Christian Spieker und MDL-Chefin Andrea Braun - sie ist die Lebensgefährtin von Bankvorstandschef Michael Weiss.

Bereits vor einer Woche hatte Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU), qua Funktion Aufsichtsratschef der SachsenLB, der WELT gesagt: "Wenn sich herausstellt, daß hier manipuliert und rückdatiert wurde, ziehen wir zügig personelle Konsequenzen."

Metz und Milbradt wurde von der Opposition seit Monaten vorgehalten, sich schützend vor die Bankführung zu stellen. Im vergangenen Jahr hatte der sächsische Finanzminister auf eine kleine Anfrage eines PDS-Abgeordneten eine wahrheitswidrige Antwort gegeben. Der Ministerpräsident wiederum verteidigte noch jüngst die MDL-Chefin Braun, obwohl ihr in einem Sonderprüfgutachten von Deloitte & Touche gravierende Pflichtverletzungen attestiert worden waren.

Unter anderem soll Braun zu Lasten des MDL-Minderheitsaktionärs Industrie- und Immobilien-Leasing AG (IIL) rechtswidrig Auszahlungen an die SachsenLB vorgenommen haben. Am Donnerstag beschloß die Hauptversammlung der MDL, auf dem Klageweg von der SachsenLB 6,225 Mio. Euro zurückzufordern. Daneben hat die IIL am Donnerstag eine Schadenersatzklage von 140,5 Mio. Euro gegen die SachsenLB auf den Weg gebracht.
von Uwe Müller