Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 26.02.2005

Verlierer Milbradt

Kommentar von Jürgen Kochinke
 
Es gehört zur Eigenart von Affären, dass sie eine ungeahnte Dynamik entwickeln können. Wer das nicht früh genug erkennt und reagiert, droht mitgerissen zu werden. Genau dieses Schicksal hat jetzt die Landesbank Sachsen ereilt. Seit langem stehen die Spitzenbanker in der Kritik, auch an schmutzigen Details herrscht kein Mangel - von Dienstwagen mit Anhängerkupplung bis zum Vorwurf der Mätressenwirtschaft. Nun ist die Lage eskaliert, und Regierungschef Milbradt geht selbst als Beschädigter daraus hervor.

Denn was auf den ersten Blick wie ein Befreiungsschlag aussieht, ist letztlich eine Niederlage. Die Abberufung der Spitzenbanker ist mehr als überfällig, die Vollzugsmeldung kommt schlicht zu spät. Und seit langem ist klar: Die Ungereimtheiten bei der SachsenLB sind eine Dauerbelastung, und damit letztlich eine Bedrohung für die Staatsregierung selbst.

Das aber hat der Regierungschef ignoriert und erst gehandelt, als der Staatsanwalt zu Werke ging - und offensichtlich fündig wurde. Damit hat sich Milbradt in eine Lage manövriert, in der er politisch nur noch verlieren konnte. Jetzt geht es nicht mehr um das angeschlagene Geldinstitut, sondern um seinen Ruf als Krisenmanager. Was sich festsetzt, ist ein böser Eindruck: Auf seinem ureigensten Gebiet, der Finanzpolitik, lässt sich Milbradt das Heft aus der Hand nehmen, ist ein Getriebener.

Für jeden Ministerpräsidenten ist das verheerend, für Milbradt aber besonders. Denn zum einen ist es ein offenes Geheimnis, dass die SachsenLB sein Ziehkind ist und Banker Weiss eine Art Vertrauter. Vor allem aber kommt die Misere politisch zur Unzeit. Nach den Verlusten bei der Landtagswahl ist der Regierungschef CDU-intern geschwächt und angezählt. Einen größeren Gefallen konnte er seinen Neidern kaum tun.