Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 26.02.2005
Razzia in Landesbank – Vorstände gehen
LEIPZIG - Das Wasser stand ihnen Oberkante Unterlippe: Der Chef der Landesbank, Michael Weiss und Vorstand Rainer Fuchs haben gestern auf Druck der Staatsregierung das Handtuch geworfen. Mit ihrem gemeinsamen Rücktritt übernehmen sie die Verantwortung für einen Fälscherskandal. Erst am Donnerstag hatte es in den Vorstandbüros und bei der Tochtergesellschaft Mitteldeutsche Leasing AG (MDL) eine Razzia der Staatsanwaltschaft gegeben.
Der Besuch kam unangekündigt: Ein Staatsanwalt und drei Kripobeamte verschafften sich Donnerstag Mittag mit einem Durchsuchungsbeschluss Zutritt zur Vorstandsetage der Sachsen LB und zu Büros der MDL. Gezielt suchten die Ermittler nach einem Originaldokument, dessen Kopie die Landesbank in einem Rechtsstreit mit der Tutzinger Industrie- und Immobilien-Leasing GmbH (IIL) dem Oberlandesgericht Dresden (OLG) als Beweis vorgelegt hatte. Die Bank wollte mit dieser Urkunde belegen, dass sie vor einer Gesellschafterversammlung der MDL die vom Aktiengesetz geforderte Beteiligungsanzeige fristgerecht eingereicht hatte.
In dem Prozess, den die Sachsen LB verlor, äußerten die Dresdner Richter offen Zweifel an der Echtheit der von SLB-Vorstand Rainer Fuchs und Vorstandsbüroleiter Christian Spieker unterzeichneten Erklärung. Es spreche vieles dafür, dass die Mitteilung rückdatiert worden sei, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Aussagen des als Zeugen auftretenden Spieker wurden vom OLG zudem als unglaubwürdig bezeichnet.
Gegen Spieker ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden inzwischen wegen des Verdachtes der uneidlichen Falschaussage. Die Staatsanwaltschaft Leipzig leitete parallel gegen die SLB ein Verfahren wegen Prozessbetruges ein. „Bei der Durchsuchung haben wir die Originalurkunde nicht gefunden, aber andere Dokumente sichergestellt", erklärte der Dresdner Oberstaatsanwalt Andreas Feron gestern Nähere Auskünfte wollte er nicht geben.
Doch das beschlagnahmte Material ist offenbar so brisant, dass Weiss und Fuchs gestern ihren Rücktritt erklärten und so für die mutmaßliche Urkundenfälschung die Verantwortung übernahmen. Nicht aus eigenem Antrieb, wie es aus Koalitionskreisen hieß, sondern auf Druck von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). Der soll von den Ermittlern zuvor informiert worden sein, dass in den beschlagnahmten SLB-Akten eine handschriftliche „Regieanweisung“ für den Prozessbetrug gefunden wurde.
Der Fälscherskandal ist der Höhepunkt einer Affärenflut, in der die Landesbank unterzugehen drohte. In der SLB herrschte offene Vetternwirtschaft, die mit dem Aufstieg der Weiss-Geliebten, Andrea Braun, von der einfachen Angestellten zur MDL Vorstands-Chefin ihre Krönung fand.
Dienstfahrzeuge und Fahrer wurden von den Vorständen zum großen Teil privat genutzt. Der Vorstand stand zudem unter Verdacht, unliebsame Mitarbeiter und Personalräte ausspioniert zu haben. Die Misswirtschaft bei der MDL rief sogar die Staatsanwaltschaft auf den Plan. Sie ermittelt gegen Andrea Braun wegen Insolvenzverschleppung. -bi. /sml