Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 01.03.2005

Sachsen LB steht vor einem Neubeginn

Anteilseigner beraten heute über die Nachfolge der gescheiterten Vorstandsmitglieder - Hans-Jürgen Klumpp im Gespräch
 
Dresden. Finanzminister Horst Metz (CDU) hat die Anteilseigner der Sachsen LB zu einer außerordentlichen Versammlung eingeladen. Dabei geht es heute um eine vorläufige Nachfolge-Regelung für Vorstandschef Michael Weiss und Vorstandsmitglied Rainer Fuchs, die infolge der Affäre um eine offensichtlich gefälschte Urkunde am Freitag ihren Hut genommen haben. Favorit für die Weiss-Nachfolge ist Hans-Jürgen Klumpp, der zur Zeit neben Gerrit Raupach die Geschäfte der einzigen ostdeutschen Landesbank führt.

Die Anteilseigner der Sachsen LB und der Sachsen Finanzgruppe werden sich auch mit der Auflösung der Verträge von Weiss. und Fuchs beschäftigen. In der turbulenten Sitzung des Landtages hatte Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) sowohl von einer Bitte um Abberufung wie auch von einer Suspendierung der Topmanager gesprochen. Ob Weiss und Fuchs noch Abfindungen erhalten, wusste das Finanzministerium nicht zu beantworten. Das werde auch vom Ausgang weiterer juristischer Klärungen abhängig sein, hieß es. Weiss und Fuchs hatten auf Druck des Finanzausschusses eine Ehrenerklärung unterzeichnet und sich vom Manipulationsverdacht distanziert. Fuchs ermittelt das Bundesaufsichtsamt für das Finanzwesen. Die Verträge der beiden Ex-Vorstandsmitglieder laufen bis 2007.

Für die Neuausrichtung der Sachsen LB muss das Aufsichtsgremium heute eine wegweisende Entscheidung treffen: Die Landesbank benötigt nach dem Fortfall von Staatsgarantien eine Kapitalerhöhung, um sich auch künftig auf dem Kapitalmarkt günstig refinanzieren zu können. Dazu ist ein A-Rating notwendig, das eine Bank nur bei entsprechender Kapitalausstattung erhält. Die Landesbank ist über die Sachsen-Finanzgruppe zu 8o Prozent im Besitz der sächsischen Sparkassen. Die erforderliche Kapitalspritze soll weitgehend über eine Anleihe refinanziert werden.

Milbradt hatte sich auch unter dem Druck dieser schwierigen Transaktion bis zuletzt für den Affären belasteten Bankchef Weiss eingesetzt und auch dessen Lebensgefährtin Andrea Braun verteidigt. Sie führt die Mitteldeutsche Leasing AG. Durch einen Rechtsstreit mit dem Minderheitseigentümer Ludwig Hausbacher war der Skandal am Freitag eskaliert. Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte bei einer Durchsuchung der Bankzentrale in Leipzig und ihrer Tochterfirma MDL Material beschlagnahmt Es deutet offensichtlich auf die Fälschung einer aktienrechtlich vorgeschriebenen Besitzstandsanzeige hin.

Im Gegensatz zu seinem Finanzminister, der schon lange auf Distanz zu Weiss gegangen war, hatte Milbradt von der Durchsuchung keine Kenntnis. Doch nicht der Verwaltungsratschef Metz, sondern der Ministerpräsident telefonierte am Freitagnachmittag mit Weiss und beendete mit ihm die Zusammenarbeit. In der CDU-Fraktion entschuldigte sich Milbradt später, zwar seinen Koalitionspartner, Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD), nicht aber CDU-Fraktionschef Fritz Hähle informiert zu haben.
Von Hubert Kemper