Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 10.03.2005
Ein Plus nur in den Bilanzen
Mit Fachwissen versucht Regierungschef Milbradt, das Parlament von den Vorzügen der Landesbank zu überzeugen – umsonst.
Der Verteidiger in eigener Sache war gut vorbereitet. Die 13-jährige Geschichte der von ihm einst maßgeblich initiierten Sächsischen Landesbank präsentierte Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) gestern vor allem als Erfolgs-Story.
In seiner Regierungserklärung vor dem Landtag, mit der Milbradt auf die anhaltende Diskussion um das mittlerweile skandalumwitterte Kreditinstitut reagierte, war dabei häufig von einem vernünftigen Passivüberschuss, überschaubaren Risikostrukturen und der günstigen „Cost-Income-Ratio“ die Rede. Es fehlte auch nicht der Hinweis, dass die einzige selbstständige ostdeutsche Landesbank zuletzt 45 Millionen Euro Gewinn einfuhr. Das ist ein neuer Rekord, selbst wenn die Sachsen-LB eigentlich ein Plus von 75 Millionen anvisiert hatte. Per Saldo, darauf bestand Milbradt immer wieder, wäre die Aufgabe erfüllt worden.
Auf die aktuellen Vorwürfe von Vetternwirtschaft, Aktenfälschung und hochriskanten Geldgeschäften fernab der sächsischen Heimat, die der Bank bisher bundesweit über 150 kritische Zeitungsartikel und Ermittlungen der Justiz eingebracht haben, ging Milbradt deutlich zurückhaltender ein. So lange nichts bewiesen sei, gelte die Unschuldsvermutung. Dafür tadelte er umso heftiger jene „Schlechtredner“, die das Image der Sachsen-LB beschädigen würden. Trotz aller Unkenrufe sei die Bank weiter ein Segen für das Land – weil ein Ertragsbringer und kein Sanierungsfall.
Die mit Kalkül, aber emotionslos vorgetragene Rede verfehlte allerdings bei vielen Abgeordneten ihre Wirkung. Zu viele Fragen seien offen geblieben. Zu wenig habe Milbradt Aufklärung in der Sache betrieben, musste sich der Regierungschef von Kritikern wie dem 29-jährigen PDS-Abgeordneten Sebastian Scheel oder dem FDP-Fraktionschef Holger Zastrow anhören. Die grüne Fraktionsvorsitzende Antje Hermenau fühlte sich durch Milbradts Rede sogar schon an eine „Götterdämmerung“ erinnert.
Der heftigste Schlag kam dann aber aus den Reihen der Koalition selbst. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle, der seit Jahren zu den eifrigsten Kritikern der Geschäftsgebaren der Landesbank gehört, machte sich zu seinem 60. Geburtstag selbst ein Geschenk – er zeigte Rückgrat und las der eigenen Regierung wie einst in Oppositionszeiten die Leviten. Skandale könne man nicht stoppen, sondern müsse man aufklären. Und wer dabei zögere, setze sich der Vertuschungsgefahr aus, kritisierte Nolle, um dann die Liste aller Verfehlungen der Bankmanager minutiös abzuarbeiten. Die Gesichter auf der Regierungsbank wurden immer länger.
Da half auch nichts, dass CDU-Redner Uwe Albrecht wieder wohlfeile Worte für die Sachsen-LB fand. Nolles Worte lagen längst als Anklage auf den Schultern der Koalitionäre. SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss und Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) versuchten sich in Schadensbegrenzung. Weiss mit strafenden Blicken in Richtung Nolle und Jurk am Rednerpult, wo er Milbradt demonstrativ dankte. Den Untersuchungsausschuss, den PDS und FDP im Landtag ins Leben rufen wollen, verhinderte das aber nicht mehr. Dieses Gremium wird die Vorwürfe zwar auch nicht zügiger klären können, hält das für die Regierung unangenehme Thema nun aber in den Schlagzeilen.
Von Gunnar Saft